Kinderschänder-Fall in Frankreich: Entschädigungsverfahren begonnen

Joël Le Scouarnec
Joël Le Scouarnec
© AFP
Im Fall des hundertfachen Missbrauchs junger Patienten durch einen früheren Chirurgen in Frankreich geht es seit Montag um die Entschädigung der Opfer. Zum Auftakt des Zivilverfahrens in Vannes im Westen des Landes äußerte die Pflichtverteidigerin von Joël Le Scouarnec die Vermutung, dass dessen Opfern insgesamt mehrere hunderttausend Euro zugesprochen werden. Der 74 Jahre alte ehemalige Arzt war im Mai zur Höchststrafe von 20 Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte gestanden, knapp 300 überwiegend minderjährige Patienten missbraucht zu haben - viele von ihnen unter Narkose. 

Die Entschädigungen dürften es manchen Opfern erlauben, Therapien zu beginnen, die sie sich sonst nicht leisten könnten, erklärten die Opferanwälte. Einige, die als Kinder missbraucht worden waren, hätten erst während des Strafprozesses gemerkt, welche Spuren dies in ihrem Leben hinterlassen hatte. Das Gericht will seine Entscheidung am 20. Januar bekannt geben.

Da der inhaftierte Ex-Chirurg finanziell nicht in der Lage sein wird, die Entschädigungen zu zahlen, können sich die Opfer an einen staatlichen Fonds wenden. 

Der Strafprozess gegen Le Scouarnec war für die Betroffenen zermürbend gewesen - auch, weil der Angeklagte keinerlei Reue oder Empathie gezeigt hatte. Seine Bitten um Verzeihung hatte er ohne erkennbare Gefühlsregung wiederholt. Am Ende wurde er zur Höchststrafe von 20 Jahren Haft verurteilt. 

Dem Mediziner wurden 111 Vergewaltigungen und 189 sexuelle Übergriffe zur Last gelegt, die er pauschal gestand. Seine Opfer waren im Schnitt elf Jahre alt. Wie der Mediziner in seinen Tagebüchern notierte, verging er sich über 25 Jahre hinweg bei seiner Arbeit in verschiedenen Krankenhäusern an Jungen und Mädchen unter dem Vorwand von Untersuchungen oder während sie unter Narkose standen.

Le Scouarnec war bereits 2004 wegen Besitzes von Kinderpornografie zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Dies hatte seiner Karriere jedoch nicht geschadet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, ob es noch weitere Opfer gibt.

AFP