AFP-Reporter beobachteten am Abend gegen 20.45 Uhr die Festnahme eines jungen Mannes, der von mehreren Beamten am Boden festgehalten wurde. "Wir haben den Verdächtigen", rief ein Beamter. Er habe "Blut an seinen Händen" gehabt, sagte Polizeisprecher Florian Nath. Er stehe im Verdacht, den Spanier am Mahnmal angegriffen und verletzt zu haben. Der Verdächtige wurde laut Polizei zu Boden gebracht und ihm wurden Handschellen angelegt.
Nach Angaben der Polizei hatte der Festgenommene keine Ausweispapiere bei sich und verweigerte zunächst auch die Aussage. Der Angriff erfolgte gegen 18.00 Uhr, die Tatwaffe wurde zunächst nicht gefunden, laut Polizei könnte es sich um ein Messer gehandelt haben.
"Wir haben absolut keine Ahnung, was das Motiv für die Tat war", sagte Nath. Das Opfer habe mehrere Stiche in den Oberkörper erlitten. Der Mann werde in einer Berliner Klinik behandelt, sein Zustand sei "stabil". Die Kriminalpolizei befrage Zeugen, zahlreiche Beamte seien im Einsatz. Eine Verbindung zwischen dem Verdächtigen und dem Opfer laut Polizei zunächst nicht erkennbar. Der Spanier hielt sich demnach zu Besuch in Berlin auf.
Wie die Polizei mitteilte, übernahmen der Staatsschutz und eine Mordkommission des Landeskriminalamtes die Ermittlungen und die Tatortarbeit. "Aktuell wird ein größerer Bereich um den Tatort durch weitere Einsatzkräfte, Diensthunde und den Polizeihubschrauber nach Spuren abgesucht", erklärte die Polizei am späten Abend.
Polizeisprecher Nath erklärte, es werde "in alle Richtungen" ermittelt. "Wir haben das LKA 11 für Kapitaldelikte an Menschen und wir haben das LKA 8 für islamistischen Terrorismus hinzugezogen, um alle möglichen Spuren und alle möglichen Hinweise in alle Richtungen sofort verfolgen zu können", betonte Nath.
Rettungskräfte betreuten am Abend mehrere Menschen, die Zeugen der Tat wurden, wie die Polizei weiter mitteilte. Mehrere Menschen standen unter Schock. Der Bereich um das Mahnmal wurde abgesperrt. Feuerwehrwagen sowie ein Dutzend Polizeifahrzeuge waren im Einsatz. Eine Feuerwehrleiter wurde ausgefahren, um von oben das Mahnmal auszuleuchten.
Das Holocaust-Mahnmal in Berlin-Mitte befindet sich in der Nähe des Brandenburger Tors und des Potsdamer Platzes. Das 2005 eröffnete Mahnmal mit mehr als zweitausend Betonstelen erinnert an die sechs Millionen von Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg ermordeten Juden. Im direkten Umkreis befinden sich mehrere Botschaften, darunter die der USA.
Zuvor am Freitag war bekannt geworden, dass am Vortag ein 18-jähriger Russe in Brandenburg wegen der möglichen Planung eines islamistischen Anschlags in Berlin festgenommen wurde. Die Festnahme erfolgte im Landkreis Dahme-Spreewald. Gegen den Mann wird wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt.
Der Angriff am Holocaust-Mahnmal in Berlin erfolgte zwei Tage vor der Bundestagswahl und nach einer Serie von Gewalttaten in den vergangenen Wochen. Am 20. Dezember hatte ein Mann mit einem Auto einen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg verübt, sechs Menschen getötet und fast 300 weitere verletzt.
Am 22. Januar waren bei einem Messerangriff in Aschaffenburg ein zwei Jahre alter Junge sowie ein 41 Jahre alter Passant getötet worden. Am 13. Februar verübte ein Mann mit einem Auto einen Anschlag auf einen Demonstrationszug in München, bei dem zwei Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt wurden.