Warken machte auch deutlich, dass sie eine mögliche neue Form einer Praxisgebühr mit der Einführung eines Primärarztsystems verknüpfen wolle. Ein solches System, wonach Fachärztinnen und Fachärzte nur auf ärztliche Überweisung hin aufgesucht werden sollten, könne zugleich Wartezeiten auf Facharzttermine verkürzen, argumentierte die Ministerin. "Ohne irgendein Steuerungselement geht es nicht", stellte sie klar.
Denkbar sei aber auch statt einer Gebühr ein Bonus für Patientinnen und Patienten, die vor einem Facharztbesuch zunächst ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt konsultieren, sagte die CDU-Politikerin. Sie betonte, sie wolle keine Zwei-Klassen-Medizin schaffen und keine Ungerechtigkeiten für Patientinnen und Patienten erzeugen. Daher sehe sie auch Vorschläge skeptisch, bei jedem Arztbesuch eine Gebühr zu nehmen, erläuterte die Ministerin. Sie wolle "niemanden davon abhalten, dass er zum Arzt geht".
Eine generelle Praxisgebühr für Arztbesuche gab es für gesetzlich Versicherte von 2004 bis Ende 2012 in Höhe von pauschal zehn Euro pro Quartal. Diese führte jedoch zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand, die Einsparungen blieben hinter den Erwartungen zurück. Zugleich ging die Zahl der Arztbesuche zurück, was Befürchtungen auslöste, dass auch medizinisch sinnvolle Vorsorgetermine oder Behandlungen ausblieben.
Zu den Zuzahlungen für Medikamente sagte Warken der Zeitung, diese seien seit 2004 nicht erhöht worden, "viele andere Dinge sind teurer geworden". Die eingesetzte Reformkommission für die gesetzliche Krankenversicherung solle daher auch darüber beraten, "ob man da nicht auch eine Erhöhung braucht". Die Ministerin verwies zur Begründung auf das Defizit der Kassen, das im kommenden Jahr auf einen zweistelligen Milliardenbetrag ansteigen könnte. "Deswegen muss jetzt schnell gegengesteuert werden", forderte sie.
Kritik an den Überlegungen äußerte der Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Oliver Blatt. "Aus meiner Sicht gehört die Diskussion über höhere finanzielle Belastungen für Patientinnen und Patienten wenn überhaupt, dann ganz an das Ende der Diskussion", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. "Zunächst müssen wir entschlossen an die Strukturen rangehen: Mehr stationäre Behandlungen in spezialisierten Kliniken, die Preisexplosion bei neuen Medikamenten eindämmen und durch den Einsatz von Digitalisierung die Behandlung und Prozesse schneller und einfacher steuern", forderte Blatt.
Er wies darauf hin, dass in Deutschland derzeit pro Tag mehr als eine Milliarde Euro für die Gesundheitsversorgung ausgegeben werde. "Das muss meines Erachtens reichen, ohne dass darüber hinaus wieder neue Extragebühren, wie etwas eine Praxisgebühr, erhoben werden, die für sich genommen die Versorgung nicht verbessern."