Herr Schulz, Sie haben vor fünf Jahren mit der Arbeit an Ihrem neuen Album begonnen. Warum hat es so lange bis zur Veröffentlichung gedauert?
Die Hälfte des Albums war schon aufgenommen, aber dann kam Corona. Zuerst dachte ich, oh, super, jetzt habe ich endlich viel Zeit, um den Rest fertigzustellen. Aber die Corona-Zeit hat mich total runtergezogen. Ich saß zu Hause. Habe zu viel ferngesehen, zu viel gekifft. Ich verfiel in diesen Zustand von Weltschmerz und Lethargie, der damals viele lähmte.
Das war nicht die Zeit, um lustige Lieder zu schreiben.
Nein, sicher nicht. Und es fällt mir grundsätzlich schwerer, alberne Lieder zu schreiben. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich glaube, dass lustige Lieder eine viel kürzere Haltbarkeit haben als Lieder, die ich mit viel Herzblut geschrieben habe. Es gibt auch gar nicht so viele alberne Lieder von mir – Stücke wie "Halt die Fresse und krieg' ein Kind" sind die Ausnahme.
Spüren Sie denn die Erwartung des Publikums, lustig zu sein?
Nein, wieso auch? Ich habe mich ja nicht vom Humor abgewandt, auch nicht auf der Bühne. Zwischen den Songs erzähle ich oft die lustigen Sachen, alberne Geschichten. Der Humor war nur nie mein Antrieb, um als Musiker auf die Bühne zugehen.
Was dann?
Ich wollte nie ein Star werden. Als ich mit der Musik anfing, wollte ich einfach nur Leute finden, die genauso empfinden wie ich. Und ich dachte, wenn ich viel Glück habe, gibt es genug von diesen Leuten, um meine Miete zu bezahlen.

Sie waren schon über 30, als Sie sich als Musiker auf die Bühne wagten.
Musik erschien mir fast als meine letzte Chance, nachdem ich alle anderen Jobs aufgegeben oder verloren hatte. Und ich hatte wenig Lust auf eine Umschulung zum Landschaftsgärtner.
Bevor Sie selbst Konzerte gaben, arbeiteten Sie fast zehn Jahre lang als Bühnenhelfer hinter den Kulissen. Eine nützliche Lehrzeit?
Oh ja! Evan Dando, Sänger der von mir bewunderten Indie-Band "Lemonheads", fiel einmal völlig zugedröhnt von der Bühne. Ich arbeitete als Security im Graben davor und er schlug mir mit seiner Gitarre so stark auf meinen Kopf, dass ich blutete. Das Konzert wurde abgebrochen. Davor hatte Evan Danda uns die ganze Zeit beim Bühnenaufbau genervt, weil er da schon auf irgendwas darauf war.
Wer machte es besser?
Lemmy von "Motörhead". Er trank schon mittags Whiskey Cola und hatte immer etwas Speed im Ärmel, aber er kippte nie um und war eine Erscheinung. Lemmy hing vor seinen Auftritten immer an einem Spielautomaten, den er mit auf Tour nahm. Wer sich mit ihm unterhielt, kam schnell zu dem trügerischen Schluss: Mit Sex, Drugs and Rock n' Rock kann man eigentlich ganz gut und lange leben. Aber auch Lemmy wurde nur 69 Jahre alt.
Schon als Bühnenhelfer machten Sie auf sich aufmerksam: Dem Ärzte-Schlagzeuger Bela B. schenkten Sie ein selbstgestaltetes T-Shirt, auf dem stand: "Ich würde mich ficken".
Das hat Bela dann auch auf der Bühne getragen, als die Ärzte an mehreren Abenden hintereinander in Hamburg spielten.
Konnte sich Bela B. an den verrückten Roadie Olli Schulz erinnern, als Sie sich später als Musikerkollegen besser kennenlernten?
Nein, nicht wirklich. So richtig wahrgenommen hat mich Bela wahrscheinlich erst, als ich mein erstes Album veröffentlicht hatte.
Wie war es für Sie, vom Fan zum Kollegen zu werden?
Immer unterschiedlich.
Wie oft haben Sie gedacht: Dieses Idol hätte ich lieber nicht näher kennen gelernt.
Das habe ich öfter gehabt. Am schlimmsten waren oft die deutschen Künstler. Da gab es Helden, die ich bewunderte, die abseits der Bühne ganze schlimme Leute waren.