Seit fast 100 Jahren forschen Archäologen in der bei Mexiko-Stadt gelegenen Ruinenstadt Teotihuacán. Doch noch immer sind viele Rätsel der Metropole, die zu ihrer Blütezeit zu den größten der Welt zählte, ungelöst.
Einem davon sind die Forscher aktuell auf der Spur: Sie vermuten, dass sie eine Grabkammer entdeckt haben, in der Herrscher der Stadt beigesetzt wurden. Nach diesen suchten sie bislang vergebens - anders bei anderen süd- und mittelamerikanischen Hochkulturen, die ihre Könige als Götter verehrten, wurden in Teotihuacán keine solche Abbildungen oder Herrschaftsgräber gefunden.
Der jetzt entdeckte Raum befindet sich am Ende eines rund 120 Meter langen Tunnels, der unter den Tempel von Quetzalcoatl führt. Nach der Sonnen- und der Mond-Pyramide ist der Tempel die drittgrößte Pyramide der alten Stadt.
Seit acht Monaten haben die Archäologen gegraben, ehe sie in zwölf Metern Tiefe auf die Decke des Tunnels stießen. Mit einem ferngesteuerten Kamerafahrzeug erkundeten sie den aus Fels herausgehauenen Tunnel, der wohl vor rund 1800 Jahren absichtlich verschlossen worden war. Die Bilder zeigten einen vier Meter breiten Tunnel, der nach etwa 37 Metern vor einer Mauer endet. "Ich glaube, der Tunnel war der zentrale Bestandteil, das Hauptelement, um das herum der Rest der Kultstätte gebaut wurde", sagt der Archäologe Sergio Gomez.
Durch Messungen konnten die Forscher feststellen, dass sich hinter der Mauer eine zehn mal zehn Meter große Kammer befindet. Zwei kleinere Nebenkammern kamen dabei ebenfalls zum Vorschein.
"Schlüssel zum Verständnis der präkolumbischen Kulturen"
Im Tunnel entdeckten die Forscher zahlreiche wertvolle Gegenstände - fast 50.000 Stücke aus Jade, Stein, Muscheln und Ton. Gomez hofft daher, hinter der Mauer erstmals ein Herrschergrab in der alten Metropole freizulegen. Er schwärmt, der Fund sei mit denen der Pharaonengräber in Ägypten vergleichbar. "Der Funde könnte der Schlüssel zum Verständnis der präkolumbischen Kulturen Mittelamerikas sein."
Es wird allerdings noch mindestens zwei Monate dauern, ehe die Archäologen den Tunnel selbst betreten können.
Teotihuacán wurde vor fast 2500 Jahren gegründet. Ihre Blütezeit erlebte die Stadt etwa zwischen 100 vor und 750 nach Christus. Als die Azteken sie um 1300 übernahmen, fanden sie sie verlassen vor. Sie gaben ihr den Namen Teotihuacán, was in etwa "der Ort, an dem Menschen Götter werden" bedeutet. Über die früheren Bewohner der Metropole ist kaum etwas bekannt. Seit 1987 zählt Teotihuacán zum Unesco-Weltkulturerbe.