Bauernregeln Wettervorhersage auf bäuerisch

  • von Angelika Unger
"Morgenrot, Schlechtwetter droht" -Bauernregeln wie diese sind Jahrhunderte alt. Wie präzise man mit ihrer Hilfe das Wetter vorhersagen kann, versetzt viele Meteorologen in Staunen.

"Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich's Wetter, oder es bleibt, wie's ist." Dass diese Bauernregel immer stimmt, verwundert nicht. Aber auch weniger vage formulierte Volksweisheiten rund um Wetter, Saat und Ernte treffen erstaunlich häufig zu.

Dies ist umso bemerkenswerter, weil viele Bauernregeln Jahrhunderte alt sind. Dennoch gelten sie immer noch - und das trotz der "kleinen Eiszeit" um 1650 mit extrem kühlen Temperaturen und der Gregorianischen Kalenderreform, bei der Papst Gregor XIII zehn Tage einfach ausfallen ließ. Auf den 4. Oktober 1582 folgte sofort der 15. Oktober 1582.

Manche Regeln liegen in drei von vier Fällen richtig

Als heutige Meteorologen die Bauernregeln mit langjährigen statistischen Wetteraufzeichnungen verglichen, stellten sie fest: Die Trefferquote ist oft weit höher, als mit reinen Zufällen zu erklären wäre.

In dem Buch "Die besten Wetter- und Bauernregeln. Alte Volksweisheiten und moderne Meteorologie" haben Judith Kumpfmüller und Dorothea Steinbacher nun die bekanntesten Bauernregeln zusammengetragen - unter anderem 36 Regeln, deren Prognose statistisch gesehen in mindestens drei von vier Fällen zutrifft.

Vor allem wenn es um das Wetter für die nächsten Tage geht, könne man unbesorgt auf die bäuerlichen Weisheiten zurückgreifen, schreiben die Autorinnen. Bei langfristigen Prognosen liegen moderne Methoden eindeutig vorn, was aber wenig verwundert: Das Tief über den Azoren kann der Bauer auf dem Feld nicht sehen, wohl aber der Meteorologe auf dem Radar.

Morgenrot und Schwalbenflug als Wetterindikatoren

Für viele Bauernregeln hat man inzwischen einfache wissenschaftliche Erklärungen gefunden. Der Spruch "Morgenrot - Schlechtwetter droht" etwa eignet sich nicht nur, um Romantikern die Luft am schönen Sonnenaufgang zu vermiesen. Er hat auch einen wahren Kern - zumindest, wenn der Wind, wie so oft in unseren Breiten, aus Westen weht.

Steht nämlich die Sonne nur knapp über dem Horizont, bringt sie die winzigen Wassertröpfchen in der Luft zum Leuchten. Ein schönes Morgenrot gibt es also immer dann, wenn im Osten, wo die Sonne aufgeht, der Himmel klar ist und sich im Westen schon die Wolken einer heranziehenden Regenfront auftürmen. Der Westwind pustet diese Regenwolken dann zum Betrachter hin.

Auch die Wetterprognose anhand des Schwalbenfluges ist kein Hokuspokus: Bei sonnigem Wetter steigt die warme Luft nach oben und damit auch Insekten, von denen sich die Schwalben ernähren - die Vögel müssen hoch fliegen, um ihre Beute jagen zu können. Frischt vor einem heranziehenden Tief der Wind auf, bleiben Fliegen und Mücken und damit auch ihre Jäger näher am Boden.

Aufmerksame Wetterbeobachtung war früher lebenswichtig

Oft genug erstaunt das Wetterwissen aus früherer Zeit die Meteorologen. So heißt es beispielsweise: "Schöner Laurentiustag - trockener Herbst." Und tatsächlich: Scheint am 10. August, dem Laurentiustag, die Sonne, fielen September, Oktober und November in vier von fünf Jahren besonders trocken aus, besagen Wetteraufzeichnungen. Warum das so ist, darüber rätseln die Wissenschaftler noch. Sie müssen aber zugeben, dass die Regel, basierend auf den Erfahrungen dutzender Generationen, offenbar einen wahren Kern hat.

"Viel genauer wusste man in früheren Jahrhunderten seine Umgebung und die Natur wahrzunehmen, was wir Vielbeschäftigte heute oft monatelang nicht mehr tun" - so erklären Judith Kumpfmüller und Dorothea Steinbacher die Präzision der Regeln.

Und in der Tat war aufmerksames Beobachten lebenswichtig für die Bauern von einst: Sie waren sehr viel stärker vom Wetter abhängig waren als wir heute. Ein Unwetter vernichtete womöglich auf einen Schlag die gesamte Ernte und damit den Lebensunterhalt einer Großfamilie - ohne dass es Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes oder staatliche Hilfen für Katastrophenopfer gab. Heute durchkreuzen Blitz und Donner bei den meisten Menschen allenfalls abendliche Grillpläne.

Sogar langfristige Prognosen möglich

Sogar einige langfristige Vorhersagen lassen sich mit Bauernregeln machen. "Ist der Oktober warm und fein, kommt ein scharfer Winter drein, ist er aber nass und kühl, mild der Winter werden will" - diese Aussage ist meteorologisch korrekt. Denn bei Hochdruckwetter im Herbst strömt warme Luft vom Balkan nach Deutschland - es wird "warm und fein". Statistisch gesehen herrscht in solchen Jahren meist auch im Januar Hochdruckwetter - dann aber ist die Luft, die aus Südosteuropa zu uns strömt, aufgrund des dort herrschenden kontinentalen Klimas eisig kalt.

Mehr feucht als trocken und eher kalt als warm

Doch auch wenn die Trefferquote vieler alter Regeln faszinierend ist - nicht allen Überlieferungen zum Thema Wetter sollte man blind Glauben schenken. Reiner Aberglaube ist beispielsweise der hundertjährige Kalender, der das Wetter mit Planetenkonstellationen in Verbindung bringt: Er lässt sich nicht mit statistischen Daten belegen. Seine Vorhersage für das "Mondjahr" 2006 jedoch trifft bisher zu: mehr feucht als trocken und eher kalt als warm.

PRODUKTE & TIPPS