Der Wecker klingelt. Gähnend schlägt er die rot-weiße Greenpeace-Bettwäsche zurück und steigt aus dem Bett. Bevor er die nackten Füße auf den von Greenpeace empfohlen Parkettboden - aus nachhaltiger Forstwirtschaft versteht sich – stellt, schlüpft er noch schnell in seine Öko-Wollsocken. Und ab in die Küche. Auch der frisch gebrühte Kaffee trägt das Siegel von Greenpeace. Dann streift er seinen weißen Pyjama mit Delfinen und dem Greenpeace-Schriftzug auf der Brust ab und ersetzt ihn durch ökologisch einwandfreie Kleidung. Noch schnell die Aktentasche in den PVC-freien Fahrradtaschen verstauen, aufs Greenpeace-Rad schwingen und schon kann der Tag beginnen.
Zumindest könnte, auf die Spitze getrieben, der Tagesablauf eines umweltbewussten Mitbürgers so aussehen. Greenpeace kennt fast jeder. Doch der gemeinnützige Verein ist schon lange nicht mehr nur Umweltschutzorganisation. Greenpeace ist auch eine Marke. Eine Marke, für die Hersteller bereit sind Geld zu zahlen, damit sie diese auf ihre Produkte drucken können. Doch ein Verein darf sich nur über Spenden finanzieren, also kein Geld verdienen. Der Geschäftemacher ist deswegen die Greenpeace Media GmbH, eine 100-prozentige Tochter der Organisation. "Wir haben das Recht den Namen 'Greenpeace' zu vergeben", erklärt Astrid Rieche von der Abteilung "Lizenzen".
Umwelt- und sozialverträglich
Eine Lizenz erhält ein Unternehmen nur, wenn es die Standards von Greenpeace erfüllt. Das bedeutet, die Produkte müssen umwelt- und sozialverträglich sein. Außerdem sucht die Greenpeace Media ihrerseits mögliche Lizenzpartner. "Wir versuchen bekannte Unternehmen zu gewinnen, die gewillt sind, umweltfreundlich zu produzieren", sagt Rieche. Die lizenzierten Produkte sind im Versandhandel erhältlich. Unter den rund 80 Angeboten im Katalog gibt es aber auch Waren, die nicht den Namen Greenpeace tragen. "Das sind Produkte, die Greenpeace gut findet", erläutert Rieche. Dazu gehören zum Beispiel Öko-Tee und Wollsocken.
Neu im Katalog sind die PVC-freien Fahrradtaschen von Ortlieb. Über ein Jahr hat die Entwicklung der Serie gedauert, da der Hersteller dafür ein neues Produktionsverfahren schaffen musste. Außerdem mussten erst alle Inhaltsstoffe auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft werden. "Unser Ziel ist die Produktinnovation", betont Harald Garzke, kaufmännischer Leiter der Greenpeace Media. "Wir wollen zeigen, dass eine ökologisch verträgliche Produktion möglich ist und damit den Markt verändern". Rieche und Garzke hoffen, dass sich Ortlieb an dem neuen Verfahren ein Beispiel nimmt und weitere Produkte auf diese Weise anfertigt. "Die Weichen sind gestellt", ergänzt Garzke.
Marktübliche Preise
Generell sei der Versandhandel aber eher ein Nischenangebot. Die meisten Kunden sind Förderer von Greenpeace. "Sie haben ein gutes Gefühl dabei, diese Produkte zu kaufen", meint Garzke. Es geht jedoch nicht ums Geldverdienen: "Das ist höchstens ein netter Nebeneffekt". Greenpeace finanziert sich zu 95 Prozent aus Spenden. Die Einnahmen aus dem Versandhandel machen also nur einen geringen Anteil aus. Dennoch versucht die Greenpeace Media die Produkte zu marktüblichen Preisen anzubieten. "Wir wollen nicht, dass sich das Vorurteil bestätigt, Öko heißt gleich teuer", betont Rieche.
Seit einem Jahr gibt es den Versandhandel in dieser Form. "Wir befinden uns noch in der Probephase", sagt Garzke. Mehr Erfahrung hat Greenpeace mit technischen Innovationen. Die Umweltschützer brachten im Jahr 1993 "Greenfreeze" auf den Markt: den damals weltweit ersten Kühlschrank, der ohne das Treibhausgas FCKW arbeitet. In Europa stehen zu 60 Prozent "grüne" Kühlgeräte in den Haushalten. "Auch bekannte Hersteller, wie Bosch und Siemens, haben auf umweltfreundliche Kühlmittel umgestellt", bestätigt Garzke. Sogar in China und Südamerika seien diese Kühlschränke auf dem Vormarsch.
Greenpeace-Produkte
Das erste Greenpeace-T-Shirt, das es auch in einem figurbetonten Schnitt gibt. Preis: 19,95 Euro
Die Lenkertasche gehört zu einer sechsteiligen Serie. Sie kostet 94.95 Euro.
Das Ziffernblatt zeigt einen springenden Orca. Preis: 79.95 Euro
Die Produkte können Sie im Internet unter www.greenpeace-versand.de bestellen.
Kein graues Papier
Auch bei Recycling-Papier ist Greenpeace Vorreiter. Da die Organisation selbstverständlich nur Recycling-Papier verwendet, engagiert sie sich für die Weiterentwicklung der Papierqualität. "Viele denken bei Recycling-Papier an graue, raue Zettel. Dabei kann recyceltes Papier mittlerweile auch hell und glatt sein", sagt Rieche. Als Beispiel demonstriert sie den Geschäftsbriefbogen: weißes Papier, das aber zu 100 Prozent aus Altpapier besteht. Außerdem unterstützt Greenpeace mit Kampagnen eine Menge umweltfreundlicher Erfindungen: Russfilter für Dieselmotoren, PVC-freie Trinkwasserrohre und Parkettböden mit FSC-Siegel. Dieses Siegel zeichnet Holzprodukte aus nachhaltiger Forstwirtschaft aus, die keine Urwaldbäume verwendet und auf die Artenvielfalt achtet.
Also Greenpeace als Geschäftskonzept? Eher unwahrscheinlich. Rieche und Garzke wünschen sich natürlich, dass viele Menschen die Öko-Produkte kaufen. "Uns ist aber wichtiger, dass sich der Markt verändert, als dass überall Greenpeace drauf steht", betont Rieche. Deswegen wird die Palette der Produkte auch in Zukunft "klein, aber fein" wohl eher bleiben, verspricht Garzke.
Irena Güttel