Die Welt zu Gast in Sassnitz: Der kleine Ort auf Rügen hat seine SailGP-Premiere hinter sich – und dabei mächtig Eindruck hinterlassen. Noch bevor die Siegerehrung am Sonntag begann, verkündete Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, die Insel werde der Rennserie auch in den kommenden zwei Jahren eine Heimat sein.
Für das brasilianische Team um Steuerfrau Martine Grael war diese Nachricht vielleicht ein kleiner Trost. Denn ein Unfall im Training am Freitag hatte den Katamaran der Mannschaft unbrauchbar gemacht. Bei dem schweren Crash knickte der Mast, eine Reparatur vor Ort war nicht möglich. Mehr Glück hatten die Franzosen: Zwar brach auch ihr Ruder im Training, doch sie konnten das Boot rechtzeitig reparieren und somit ihre Rennbeteiligung retten.
Spektakuläre Bilder des schnellsten Segelrennens der Welt
Sydney 2023. Bei 60 km/h rutscht der Brite Matt Gotrel vom Trampolin und fällt unter das Boot. Mehrfach schlägt er zwischen der harten Wasseroberfläche und Rumpf hin- und her, bis das Boot gestoppt und er an Bord gezogen wird
Was sich im Training bereits andeutete, bestätigte sich am ersten Wettkampftag: Die Ostsee präsentierte sich – trotz vergleichsweise flachen Wassers – anspruchsvoll. Am Samstag kam es zu einem weiteren schweren Unfall: Die Amerikaner stießen bei hoher Geschwindigkeit mit den Briten zusammen, wobei der Rumpf des amerikanischen Bootes zerschellte. Während die Briten trotz Schadens am Boot auch am Sonntag noch um wichtige Punkte kämpften, war das Rennen für die USA damit vorzeitig vorbei.
Die Segler zeigten sich hier von ihrer sportlichsten Seite, denn für die Reparatur des britischen Seglers wurden Teile des US-Wracks verwendet. Zwar gehören die Boote der SailGP und sind genau für solche Fälle identisch gebaut, aber der Gedanke, dass der Unfallverursacher dem Unfallopfer mit Teilen hilft, passt zum Geist des Sports.
Deutschland holt SailGP-Sieg in heimischen Gewässern
Gerade die Bedingungen vor Rügen machen den Standort aber so interessant: verlässliche Winde, eine beeindruckende Kulisse – und ein echtes Heimspiel für die deutsche Mannschaft, die ihre Fähigkeiten zuvor nie vor der eigenen Küste unter Beweis stellen konnte. Wie sehr dieser Heimvorteil motiviert, zeigte sich gleich im Auftaktrennen: Das Team um Steuermann Erik Heil segelte allen davon und entschied das erste Rennen klar für sich. Der Jubel auf den Rängen war der Crew sicher – einen besseren Einstand hätte man sich kaum wünschen können.
Der Teamchef über den Erfolg seiner Mannschaft: "Ein Ausrufezeichen setzen – das war unser Ziel hier in Sassnitz. Jetzt ist es fast so, als wäre es ein Drehbuch: genau das, was man sich wünscht – absolut fantastisch. Das Team hat es verdient, wir haben hart gearbeitet."
Im dritten von insgesamt sieben Flottenrennen kochte die Stimmung dann endgültig hoch. Schon zuvor war über die starken Winde und die mögliche Höchstgeschwindigkeit der Boote spekuliert worden – ein Rekord lag in der Luft. Als es den Dänen tatsächlich gelang, ihren Katamaran auf 103,93 km/h zu beschleunigen, war das Staunen der Masse spürbar. Zwar gibt es für diesen Rekord keinen Preis, doch er zeigte eindrucksvoll, mit welcher Urgewalt die Hightech-Katamarane über das Wasser fliegen können.
Gesamtsieg geht an Frankreich, doch das deutsche Team ist Sieger der Herzen
Am zweiten Renntag standen nochmals insgesamt vier Rennen bei deutlich weniger Wind auf dem Plan. Den Briten gelang es erst in letzter Minute, ihren F50 wieder einsatzbereit zu machen – das Teilnehmerfeld schrumpfte somit nur um einen Konkurrenten auf zehn Boote. Das deutsche Team hielt sich über das gesamte Wochenende im oberen Teil der Tabelle, doch der fünfte Rang reichte nicht für die Teilnahme am Finale. Am Ende kämpften Großbritannien, Australien und Frankreich um den Sieg, welchen sich die Franzosen nach einem knappen letzten Rennen sichern konnten.
Auch wenn die deutsche Mannschaft den Gesamtsieg von Sassnitz nicht erringen konnte, verbuchte sie einen Erfolg ganz anderer Art: Deutschland hat mit dem SailGP eine neue Rennserie ins Land geholt – und sie gleich mit einem Spektakel eröffnet. Noch mindestens zweimal dürfen die Fans in Sassnitz erleben, wie rasant diese Boote über die Ostsee jagen. Für die Insel und den gesamten SailGP ist das eine große Chance.