#nichtegal - Rente Mehr Geld im Alter! Aber für wen?

Wir haben gefragt, was Ihnen nicht egal ist und Hunderte Zuschriften bekommen. Einigen Themen sind wir nachgegangen. Heute antworten wir Hans-Georg Skowronek, der Reformen bei der Rente fordert.

In den Wochen vor der Wahl hieß es ständig, Deutschland gehe es gut, es müsse nur so weitergehen. Das Gerede über die Wohlfühl-Republik hatte uns in der stern-Redaktion wütend gemacht. So entstand die Aktion "Es ist uns nicht egal". Nachdem stern-Mitarbeiter und zahlreiche Prominente aufgeschrieben haben, was ihnen nicht egal ist, meldeten sich hunderte Leser bei uns. Auf ihre Zuschriften geben wir nun Antworten auf stern.de.

Leser Hans-Georg Skowronek ist es nicht egal, wie sich unser Rentensystem entwickelt. Er schreibt, dass er und seine Ehefrau noch über der Armutsgrenze leben. Aber obwohl beide sparen und seine Frau neben der gesetzlichen Rente zwei zusätzliche Renten bezieht, reicht das Geld oft nicht bis zum Monatsende.

Das Rentenniveau sinkt und sinkt

Mit diesem Problem stehen die Skowroneks nicht allein da. Denn das Problem steckt im System. Wegen des demographischen Wandels muss der arbeitende Teil der Bevölkerung immer mehr Rentner finanzieren. Das gesetzliche Rentenniveau sinkt daher seit Jahren und liegt mittlerweile bei unter 50 Prozent. Das bedeutet, dass ein Standardrentner mit 45 Versicherungsjahren nicht einmal mehr die Hälfte dessen bekommt, was im gleichen Jahr ein Erwerbstätiger mit Durchschnittseinkommen verdient. Dazu kommt, dass viele Menschen weniger Ansprüche erwerben als früher: Längere Ausbildungszeiten, Phasen der Arbeitslosigkeit und nicht-sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sorgen dafür, dass das Rentenkonto sich nicht so üppig füllt.

Um das Abbröckeln der gesetzlichen Rente zu kompensieren, sollen die Menschen mehr privat vorsorgen. Als Anreiz hat die Politik die Riesterförderung erfunden: Eine ganze Palette von Vorsorgeprodukten wird steuerlich und mit Zuschüssen vom Staat gefördert. Leider hat aber nicht jeder das Geld übrig, um über viele Jahre regelmäßig etwas beiseite zu legen. Zudem sind die Riesterprodukte meist unflexibel und im Detail schwer zu durchschauen. Vertriebskosten und Gebühren sind hoch. Und auch die dritte Säule der Alterssicherung, die Betriebsrente, kann den Staat nicht ersetzen: Einige große Konzerne zahlen richtig gute Betriebsrenten, viele Menschen bekommen gar keine.

Soll die gesetzliche Rente gestärkt werden?

Es gibt daher nicht wenige Menschen, die fordern, dass die staatliche Säule wieder gestärkt werden soll. "Dass die gesetzliche Rente immer weniger wird, ist kein Naturgesetz, sondern eine politische Frage", sagt Florian Blank vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung. Der Rentenexperte spricht sich dafür aus, das gesetzliche Rentenniveau wieder anzuheben oder zumindest nicht weiter abzusenken. "Wir brauchen eine Debatte, was das öffentliche System leisten soll", sagt Blank.

Die Kernfrage dabei ist: Wer soll was bekommen? Und das ist umstritten. Sollen diejenigen mehr bekommen, die besonders viel eingezahlt haben? Oder diejenigen, die viele Jahre gearbeitet haben, aber ein geringes Gehalt hatten? Oder diejenigen, die viele Kinder großgezogen haben? Die neue Regierung hat die Möglichkeit, an den entsprechenden Stellschrauben zu drehen. Die Rentenpolitik wird daher auch eines der Themen sein, über die CDU/CSU und SPD in den kommenden Wochen verhandeln werden. Die Sozialdemokraten möchten, dass Menschen mit 45 Versicherungsjahren schon mit 63 abschlagsfrei in Rente gehen können. Die Union dagegen will einen Zuschuss für Menschen mit 40 Versicherungsjahren, die außerdem privat vorgesorgt haben. CDU/CSU wollen zudem Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, besser stellen.

Klar ist: Wenn der Staat mehr Rente ausschüttet, muss das irgendjemand bezahlen. Entweder Arbeitnehmer und Arbeitgeber über höhere Beiträge. Alle Steuerzahler über höhere Steuern. Oder unsere Kinder und alle folgenden Generationen über höhere Schulden.

Der Autor Daniel Bakir auf Google+