Banken dürfen von ihren Kunden keine Bearbeitungsgebühren für einen Verbraucherkredit verlangen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag entschieden und damit die Verbraucherrechte deutlich gestärkt. Die Richter prüften zwei Klagen gegen die Postbank und die National-Bank. Konkret ging es um vorgefertigte Vertragsklauseln, nach denen Verbraucher für ihren Kredit nicht nur Zinsen zahlen müssen, sondern auch ein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt.
Der BGH stellte fest, dass Klauseln über solche Bearbeitungsgebühren Kunden unangemessen benachteiligten. Banken wälzten damit Kosten für Tätigkeiten auf die Kunden ab, die sie in eigenem Geschäftsinteresse erbrächten oder zu denen sie verpflichtet seien. Nach Angaben von Klägeranwälten liegen die Kosten zwischen 1 und 3,5 Prozent.
Das Bundesverbraucherministerium begrüßte das höchstrichterliche Urteil. "Der BGH hat deutlich gemacht, dass Banken nicht einfach alle Kosten auf die Verbraucher abwälzen dürfen", sagte Staatssekretär Gerd Billen. Die Prüfung der Kreditwürdigkeit oder das Bearbeiten eines Kreditantrags beruhten auf einer gesetzlichen Pflicht oder erfolgten im Interesse der Bank. "Deshalb ist es nur angemessen, wenn die Kreditwirtschaft die Kosten hierfür selbst trägt."
Doch auch nach dem Grundsatzurteil bleiben Fragen offen.
Welche Kredite betrifft das Urteil?
Das Urteil betrifft im Prinzip alle privaten Ratenkredite. Es ist ganz gleich, ob damit das Auto finanziert werden sollte oder eine neue Küche. Rechtlich betrachtet fallen auch Darlehen für Immobilien wie Häuser oder Wohnungen darunter. Die Laufzeit des Kredits ist nicht von Belang.
Welche Bearbeitungsgebühren betrifft der Richterspruch genau?
Vorrausetzung ist, dass die Gebühren und ihre Höhe von der Bank bereits festgelegt worden waren, der Kunde also keinen Einfluss darauf hatte. Die Banken legen solche Gebühren in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis fest.
Wie lange reichen die Erstattungsansprüche der Kunden zurück?
Das bleibt leider noch ungeklärt. Der BGH hat am Dienstag nicht entschieden, wann die Erstattungsforderungen betroffener Kunden verjähren. Unter Juristen ist das umstritten. "Wer innerhalb der letzten drei Jahre einen Darlehensvertrag geschlossen hat, kann sein Bearbeitungsentgelt aber zurückverlangen", sagt der Leverkusener Verbraucheranwalt Guido Lenné. Diese Forderungen seien auf jeden Fall noch nicht verjährt.
Was ist dann mit älteren Krediten?
Da sollten Schuldner erstmal abwarten, den Kredit weiter bedienen und sich die weitere Rechtsprechung des BGH genau anschauen, meint Verbraucheranwalt Lenné. Dem BGH liegen auch Verfahren vor, in denen sich die Banken auf die Verjährung der Forderung berufen haben. Verbraucheranwälte gehen davon aus, dass der BGH hier bald eine Entscheidung treffen wird.
Kann man seine Gebühren auch zurückverlangen, wenn der Kredit schon abbezahlt ist?
Ja, sagt der Anwalt der Schutzgemeinschaft der Bankkunden, Wolfgang Benedikt-Jansen. Wegen der ungeklärten Verjährungsfrage gilt jedoch auch hier: Derzeit ist nur auf der sicheren Seite, wer seinen Vertrag ab 2011 geschlossen hat.
Was bedeutet das Urteil für die Banken?
Sie werden sich wohl mit tausenden von Rückforderungen auseinandersetzen müssen - sei es durch direkte Aufforderung der Kunden, sei es in bereits laufenden Gerichtsverfahren. Allein beim BGH sind etwa 100 weitere Verfahren anhängig. Nach Angaben des Vorsitzenden Richters Ulrich Wiechers liegen bei den Ombudsmännern der Banken zudem etwa 3000 Rückforderungen. Weitere tausende Verfahren sollen bei Verbraucheranwälten liegen.
Die Anwälte rechnen damit, dass die Banken die Forderungen jetzt anerkennen werden und viele Gerichtsprozesse damit schnell zu einem Ende kommen.
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