Erbschaft - Teil 2 Kennen Sie schon Ihre Erben?

  • von Karin Spitra
Diesmal erklären wir, was die Erbfolge bedeutet, warum auch Ehepaare ohne Kinder unbedingt ein Testament brauchen und wer was erbt, wenn es kein Testament gibt.

In der letzten Folge haben wir erklärt, warum es so wichtig ist, ein Testament zu machen. Das ändert aber leider nichts daran, dass trotzdem viele Menschen keinen 'letzten Willen' abfassen. Es gibt nach deren Tod also kein Testament. Für solche Fälle hat der Staat vorgesorgt, vererbt wird nämlich auch ohne ein solches. Ob dann aber tatsächlich diejenigen die glücklichen Erben sind, die auch der Erblasser (Sie erinnern sich? So nennt das Gesetzt denjenigen, der etwas zu vererben hat) eigentlich bedenken wollte, ist eine ganz andere Frage. Deshalb: Kennen Sie schon Ihre Erben?

Was heißt 'Pflichtteil'?

Im Grunde kann jeder mit seinem Vermögen zu Lebzeiten machen, was ihm passt. Und diese Möglichkeit gilt auch über den Tod hinaus, aber nur fast. Es gibt eine Einschränkung, und die heißt 'Pflichtteil'. Damit gewährt der Staat mit Rücksicht auf das 'Familienprinzip' bestimmten nahen Verwandten der Erblassers ein Recht auf einen Teil des zu vererbenden Vermögens, wenn sie vom Erblasser übergangen wurden. Man könnte sagen, dass mit Ausnahme weniger Gründe, auf die wir in einer anderen Folge eingehen werden, an diesem Pflichtteil nicht gerüttelt werden kann.

Üblicherweise legt man seinen letzten Willen durch Testament, Erbvertrag, Schenkung und Stiftung (dazu mehr in Teil 3) fest. Das nennt man dann die testamentarische Erbfolge. Liegt nichts davon vor, dann greift die gesetzliche Erbfolge. Hier werden Verwandte zu Erben berufen, dabei schließen die näheren die entfernteren aus. Für den überlebenden Gatten ist ein bestimmter Anteil am Erbe reserviert.

Gesetzliche Erben sind also neben dem Ehegatten die Verwandten des Erblassers (bzw. Verstorbenen). Dazu gehören auch eheliche und nicht eheliche Kinder. Seit dem 01.08.2001 zählt auch ein gleichgeschlechtlicher Lebenspartner dazu, nicht aber ein heterosexueller Partner. Nicht zu den Verwandten zählen außerdem angeheiratete Familienmitglieder und deren Angehörige. Das Gesetz teilt die möglichen Erben nun in verschiedene Ordnungen ein.

Erben erster Ordnung

Das sind seine 'Abkömmlinge?, also Kinder, Enkelkinder und Urenkel. Egal ist dabei, ob es sich um eheliche oder uneheliche Kinder handelt. Stiefkinder zählen nur beim leiblichen Elternteil mit. Sollen sie auch beim Stiefelternteil erbberechtigt sein, müssten sie adoptiert werden.

Im Prinzip gehört natürlich auch der Ehepartner (oder gleichgeschlechtliche Lebenspartner) in diese Gruppe. Besteht die Ehe noch (also wurde keine Scheidung eingeleitet), erbt immer auch der Ehepartner, aber zusätzlich zu den Erben gemäß Erbfolge (dazu gleich mehr).

Erben zweiter Ordnung

In diese Gruppe gehören die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge: Also die Geschwister (Brüder und Schwestern) und wiederum deren Abkömmlinge (also Nichten und Neffen).

Erben dritter Ordnung

Hierher gehören die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, also Onkeln und Tanten und Vettern und Cousinen.

Erben vierter Ordnung

Sind Urgroßeltern und deren Abkömmlinge, wie Großtanten und Großonkel, sowie deren Nachkommen wie Großnichten und neffen.

Erben fünfter und weiterer Ordnungen

Noch entferntere Voreltern und deren Nachkommen.

Die Ordnung ist nun deshalb so wichtig, weil sie eine Reihenfolge festlegt: Die Erben erster Ordnung haben vor denen zweiter Ordnung Vorrang. Die zweiter Ordnung vor denen dritter; die Erben dritter Ordnung vor jenen vierter, etc. So schließen beispielsweise die Kinder des Erblassers dessen Eltern von der Erbfolge aus. Innerhalb der gerade zum Zug kommenden Ordnung erbt immer derjenige, der dem Verstorbenen verwandtschaftlich am nächsten steht.

Und noch eine wichtige Regel gibt es: Der lebende Erbe schließt die von ihm abstammenden Personen von der Erbfolge aus.

Ein Beispiel: Es verstirbt ein allein stehender Großvater. Er hinterlässt drei erwachsene Söhne, von denen wiederum einer schon tot ist. Der bereits verstorbene Sohn hat selber zwei Kinder. Ohne Testament würde das Erbe nun zwischen den drei Söhnen aufgeteilt werden, es bekäme jeder ein Drittel. Für den bereits verstorbenen Sohn treten dessen zwei Kinder, die Enkel, in die Erbfolge ein, und teilen sich dessen Drittel.

Lebt beim Tod des Erblassers kein einziger Abkömmling mehr (vielleicht weil er kinderlos ist), gelten dieselben Prinzipien: Lebt ein "eigentlich Erbberechtigter" beim Erbfall nicht mehr, geht sein Anteil auf seine Abkömmlinge über.

Gatte erbt den "Löwenanteil"

Und noch ein Beispiel: Der Verstorbene hat keine Kinder, seine Eltern sind zum Zeitpunkt auch tot, aber er hatte Geschwister. Von den Geschwistern diesmal zwei Schwestern war eine beim Tod des Erblassers selber schon verstorben, hinterlässt aber zwei Söhne. Somit existieren Erben zweiter Ordnung als "eigentlich Erbberechtigte", nämlich die beiden Schwestern und "deren Abkömmlinge", die beiden Söhne der verstorbenen Schwester. Das Erbe wird zu gleichen Teilen zwischen den Schwestern aufgeteilt. Für die verstorbene Schwester teilen sich die beiden Neffen deren Hälfte.

Bei allen bisherigen Beispielen sind wir noch nicht auf den Ehegatten eingegangen. Wenn dieser beim Tod des Erblassers lebt und die Ehe aufrecht war, erhält er laut Gesetz neben den Verwandten den "Löwenanteil" des Erbes. Aber eben nicht alles, wie viele denken! Deshalb ist der Satz: "Wir haben keine Kinder, also brauchen wir auch kein Testament, weil der Überlebende ja sowieso alles erbt" falsch, erzählt Rechtsanwalt Manuel Tanck von einem der häufigsten Irrtümer.

Wie viel der Ehegatte letztlich erbt, ist von der Ordnung der miterbenden Verwandten und dem Güterstand der Eheleute untereinander abhängig. Weil diese Erklärung jeden Rahmen sprengen würde nur soviel: Je entfernter die neben dem Ehepartner erbenden Verwandten mit dem Erblasser verwandt waren, um so mehr bekommen Witwe oder Witwer.

Das Ehegattenerbrecht

Neben den Abkömmlingen des Erblassers (also Kindern und Enkeln) erbt der Ehepartner ein Viertel die übrigen drei Viertel müssen sich die Abkömmlige (egal wie viele es davon gibt) nach den oben beschriebenen Regeln teilen.

Sind nur Erben zweiter Ordnung da, also Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen, erhält der Ehepartner die Hälfte des Vermögens. Dies gilt auch neben Erben der dritten Ordnung, wenn alle vier Großeltern des Verstorbenen noch leben. Sind hingegen einer oder mehrere Großeltern schon verstorben, gehen deren Abkömmlinge leer aus: diesen Teil bekommt der Ehegatte.

Nachdem Sie jetzt hoffentlich die Wichtigkeit einer Nachlassregelung erkannt haben, sollten Sie eigentlich nicht mehr zögern, ein Testament aufzusetzen.