Ein neuer Slogan sorgt für Furore: "Geiz ist geil"! Zumindest mancher Verbraucher dürfte ihn noch im Kopf haben, wenn er neu gekaufte Kleider ein Wochenende lang anzieht, sie dann getragen ins Geschäft zurückbringt und sein Geld zurückhaben will. Profitiert wird dabei von der meist sehr kulanten Umtauschpraxis der Händler. "Die Dunkelziffer kennt niemand so genau", berichtet Jürgen Dax, Geschäftsführer des Textileinzelhandelsverbands in Köln. Das Phänomen ist aber fast jedem der rund 40.000 Bekleidungsgeschäfte in Deutschland bekannt.
Vor allem in Häusern, die so genannte Anlassmode für Beerdigungen, Hochzeiten, Cocktailparties oder Silvesterbälle verkaufen. Die meist hochpreisige Ware wird in der Regel nur für einen bestimmten Termin gebraucht. Immer öfter können Kunden da offensichtlich der Versuchung nicht widerstehen, die Kulanz der Händler zu strapazieren. "Gerade bei Brautmode wird immer wieder aus Sparsamkeitsgründen probiert, Hochzeitskleider nach der Feier wieder zurückzugeben und eine Erstattung des Kaufpreises herauszuholen", erzählt Dax. Auch beim Kaufhausriesen Karstadt in München ist die Masche ein Thema. "Wir haben schon die dollsten Sachen erlebt", heißt es dort. Da werden nicht nur Skianoraks nach der Urlaubswoche im Schnee kurzerhand wieder zum Umtausch in den Laden zurückgebracht. Da geht sogar benutzte Bettwäsche, mühsam in die Originalverpackung gestopft, nach der kuscheligen Nacht wieder an den Verkäufer zurück. Weniger Aufwand betreibt so mancher aus der jungen Kundschaft der Bekleidungskette Hennes & Mauritz (H&M), der nach der Party ungeniert hochmodische Teile mit Schweiß- und Tabakgerüchen wieder zurückbringt. Ab und an riecht die Mode auch nach Waschmittel. "Es gibt Leute, die verweisen einfach auf den Kassenbon, auf dem der Hinweis aufgedruckt ist: Umtausch innerhalb von 14 Tagen", erzählt ein H&M-Mitarbeiter aus einer Münchner Filiale. Und darauf pochten sie dann, gebrauchte Sachen hin oder her.
Trotz solcher Extremfälle wollen die meisten Kaufhäuser und großen Einzelhändler auch weiterhin in Umtauschfragen großzügig und serviceorientiert bleiben. Wie mit dreister Kundschaft umgegangen wird, werde in jedem Einzelfall entschieden, betont Jürgen Dax. Da habe jedes Unternehmen eigene Schmerzgrenzen. "Die einen nehmen das Risiko in Kauf, beim Umtausch übers Ohr gehauen zu werden, und die anderen denken daran wegen Betrugsversuchs die Polizei einzuschalten", erläutert der Textilprofi. Auf eine reibungslose Rückgabe getragener Ware sollte sich jedenfalls kein "Trickser" von vornherein verlassen. Denn das Recht ist auf Seiten der Händler. Bei fehlerfreier Ware hat der Verbraucher keinerlei Anspruch auf Umtausch. Die freiwillige Rücknahme ist eine reine Serviceleistung, wie Markus Saller, Jurist der Verbraucherzentrale Bayern erklärt. Ist das neue T-Shirt lediglich zu eng, farblich nicht passend oder gefällt es nach ein paar Tagen nicht mehr, hängt die Rückgabemöglichkeit allein vom Entgegenkommen des Geschäfts ab. Einen Rechtsanspruch auf Umtausch gibt es nur bei Ware, die Fehler hat. Sogar preisreduzierte Schlussverkaufsware mit Mängeln kann reklamiert werden. Wurde der Fehler beim Kauf jedoch ausdrücklich als Grund für die Preissenkung angegeben, ist eine nachträgliche Reklamation aussichtslos.