Sichere Staatspapiere Des Anlegers neue Lieblinge

Vermögenserhalt statt Rendite! Seit Börsen-Tahlfahrt und Finanzkrise setzen die Deutschen bei ihrer Geldanlage vermehrt auf Sicherheit. Deshalb parken auch immer mehr Anleger ihr Geld beim Bund - und nehmen in Kauf, dass sie bis zu 14 Tage warten müssen, bis das Konto dort eingerichtet ist.

Riesige Börsenverluste, Banken wanken, und jetzt sind auch noch einige offene Immobilienfonds knapp bei Kasse: In diesen Zeiten ist der Staat als Rettungsanker schwer gefragt. Die als sehr sicher eingeschätzten Bundeswertpapiere sind die neue Lieblingsanlageform vieler Tausend krisengestresster Anleger. Wer wieder gut schlafen will, parkt sein Geld derzeit verstärkt bei Väterchen Staat, hat Gabriel Layes vom Münchner Institut für Vermögensaufbau als Trend beobachtet.

Risiko liegt fast bei Null

Das Risiko, dass der Bund mal keine Zinsen mehr zahlen kann und ausfällt, gehe gegen null. Genau der Meinung sind offenbar viele Sparer auch: Sie parkten in den letzten Wochen gut 2,2 Milliarden Euro allein in der neuen Tagesanleihe des Bundes, wie Boris Knapp, Sprecher der Bundesfinanzagentur in Frankfurt am Main, berichtet. Das Produkt, das Tagesgeld ähnelt und keinerlei Kursrisiko birgt, ist erst seit Juli auf dem Markt. Aber der Kundenansturm ist gewaltig. Das erste neue Bundeswertpapier für Privatanleger seit fast 30 Jahren geht weg wie warme Semmel. "In Zeiten wie diesen schlägt das Pendel wieder Richtung Sicherheitsbedürfnis aus", weiß Layes aus Erfahrung.

Die Tagesanleihe, die aktuell mit 3,28 Prozent verzinst wird und täglich verfügbar ist, hat sich in nur vier Monaten besser verkauft als alle anderen Bundeswertpapiere zusammen, sagt Knapp. In Spitzenzeiten legten Sparer bis zu 100 Millionen Euro täglich in dem Produkt an. Und das, obwohl die Konditionen für Tagesgeld bei vielen privaten Geldinstituten deutlich besser sind, also spürbar mehr Gewinn herauszuholen wäre, sagt Merten Larisch, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bayern.

Staatliches Geldgeschäft brummt

Zu einer Art Verkaufshit entwickelten sich Knapps Angaben zufolge aber auch traditionelle "Bundesschätzchen" wie der einjährige Finanzierungsschatz oder der Bundesschatzbrief Typ A - also eher kurzfristig konzipierte Geldanlagen. Im Schnitt trägt jeder Kunde etwa 25.000 Euro an Einlagen zum Staat.

Wer Halt bei den Staatspapieren sucht, muss als Neukunde der Bundesfinanzagentur derzeit bis zu zwei Wochen warten, bis das Konto eingerichtet ist. Sämtliche Mitarbeiter arbeiten auf Hochtouren, die Telefone stehen kaum mehr still. "Wir geben unser Bestes", betont Knapp. Selbst die Versicherungsbranche setzt mittlerweile auf die 1a-Bonität des Staats. Es gibt seit neustem einen Rentenfonds, der in Staatsanleihen investiert.

Vermögenserhalt statt -vermehrung

Mit dem Geld privater und institutioneller Anleger refinanziert der Bund seine Schuldenlast. Dass das Geschäft im Sog der Finanzmarktkrise derzeit so brumme, sei aber "keine Gewinnsituation, das ist nicht vergleichbar mit den Banken", winkt der Sprecher der Finanzagentur ab, die die Schulden des Staates verwaltet. Der Bund sei keineswegs Profiteur. "Wir müssen ja schließlich Zinsen zahlen", erklärt Knapp.

Finanzprofis wie Layes können das geballte Umschichten vieler Privat-Portfolios momentan gut nachempfinden: "Das kann bei null Risikobereitschaft sinnvoll sein." Die Strategie vorsichtiger Anleger laute klar: Vermögenserhalt statt -vermehrung. Für das Gefühl, sein Geld im sicheren Hafen verankert zu haben, nähmen die Sparer sogar weniger bis keine Rendite in Kauf. Vor allem ältere Menschen hätten das legitime Interesse, mit dem Kauf von Bundeswertpapieren möglichst viel Erspartes zu bewahren - und nichts mehr aufs Spiel zu setzen. "Das ist immer noch besser als Ersparnisse unter Kopfkissen zu legen", betont Layes.

Inflation nagt an Rendite von Bundesschätzchen

Verbraucherschützer Larisch rät dazu, nicht das gesamte Geld beim Bund anzulegen - so groß die Sorge vor Verlusten oder Bankenzusammenbrüchen auch sein mag. Bundesschätzchen seien zwar bombensicher und auch kostengünstig. Allerdings liege ihr Gewinn häufig unter der Inflationsrate. Damit frisst die Teuerung die Rendite auf. Unterm Strich, nach Steuern, bedeutet das häufig Verlust statt Vermögenszuwachs. Ein Teil des Vermögens könne deutlich besser verzinst und ebenfalls weitgehend sicher auf Tagesgeldkonten und in kurzfristigem Festgeld geparkt werden, schlägt Larisch vor.

Auch Investments in "Betongold", also offene Immobilienfonds, seien ungeachtet der Fondsschließungen nach wie vor erwägenswert. Voraussetzung: Der Fonds ist idealerweise breit aufgestellt mit mindestens 200 Immobilien rund um den Globus. Darauf sollten Anleger achten. Dass der Run auf bombensichere Staatspapiere und damit der Trend zum Gewinnverzicht nicht ewig anhält, davon ist Vermögensexperte Layes überzeugt: "Haben sich die Wogen irgendwann wieder etwas geglättet, werden sich die Anleger wieder hin zu Renditestärkerem orientieren."

AP
Berrit Gräber/AP