Rote Zahlen in der Bahnsparte haben dem Siemens-Konzern das zweite Quartal verhagelt. Der Umsatz sank überraschend auf 17,8 Milliarden Euro, der Betriebsgewinn blieb mit 1,08 Milliarden auf dem Niveau des Vorjahres. Durch den Verkauf von Infineon-Aktien und die Auflösung von Steuerrückstellungen verdoppelte sich der Netto-Überschuss allerdings auf 1,21 Milliarden Euro. Vorstandschef Heinrich von Pierer zeigte sich am Mittwoch insgesamt zufrieden und bekräftigte die Ergebnisziele für das Gesamtjahr. Analysten hatten deutlich bessere Zahlen erwartet. Der Börsenkurs gab nach der Veröffentlichung deutlich nach.
Probleme mit Combino-Straßenbahn
Pierer räumte ein, die Probleme mit Combino-Straßenbahnen seien größer als gedacht und machten das Erreichen der Konzernziele schwieriger. Der Bahnbereich rutschte im zweiten Quartal mit minus 289 Millionen Euro in die Verlustzone. "Und ich kann weitere Ergebnisbelastungen nicht ausschließen", sagte Pierer. Siemens rief alle 400 weltweit verkauften Combino-Straßenbahnen zurück, weil Schäden in der Aluminium-Karosserie entdeckt wurden. Jetzt würden alle Fahrzeuge untersucht, um zu sehen, "welche Fahrzeuge vorübergehend wieder in Betrieb gehen können".
Das andere Sorgenkind ist die Logistiktochter Dematic, die erneut einen Verlust von 30 Millionen Euro schrieb. Außerdem schrieb Siemens einmalig 433 Millionen Euro ab. "Der Kaufpreis war zu hoch", erklärte Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger. Elf von 14 Bereichen steigerten dagegen ihre Gewinne. Ergebnisstärkster Bereich war wieder die Kraftwerkstechnik mit einem Gewinn von 274 Millionen. "Eine klasse Leistung", lobte Pierer. Ertragssäulen waren ferner Automatisierungstechnik, Medizintechnik, der Autozulieferer VDO und der "Musterknabe" Osram.
Bei Alstom skeptisch
Sämtliche IC-Bereiche waren wieder in den schwarzen Zahlen. IC Mobile verkaufte im ersten Halbjahr 28 Millionen Handys, um die Hälfte mehr als vor einem Jahr. Auch IC-Netzwerke und der IC-Dienstsleister SBS schlugen sich beachtlich. "Ich bin mit unseren Ergebnissen im zweiten Quartal zufrieden", sagte Pierer.
Spekulationen, die französische Regierung werde nach der Übernahme von Aventis durch Sanofi im Gegenzug die Übernahme des französischen Zug- und Turbinenherstellers Alstom durch Siemens genehmigen, teilte Pierer nicht. Hier gehe es nicht um Höflichkeiten, sondern um handfeste Interessen der Franzosen. Allerdings erwarte er, dass für alle die gleichen Spielregeln gelten und der Wettbewerb nicht durch Dauersubventionen für Alstom verzerrt werde.
Stellenabbau verteidigt
Zum drohenden Abbau von 5.000 Arbeitsplätzen in Deutschland erklärte Pierer: "Es geht dabei nicht allein um Kosten. Wir müssen uns vor allem nahe am Kunden in dynamischen Wachstumsmärkten verankern." So werde Siemens in China "noch zulegen". Ein Teil der Stellen falle auch weg, weil Aufträge weggebrochen seien oder neue Technologien alte Produkte überflüssig machten. Arbeitsplätze in Deutschland könnten aber mit mehr Flexibilität nachhaltig gesichert werden.
Dass der Betriebsrat vom Abbau von 74.000 Stellen und einem Rückzug vom Standort Deutschland spreche, sei unseriös. In den vergangenen zehn Jahren habe Siemens nur 8.000 Stellen abgebaut und beschäftige jetzt 167.000 Mitarbeiter in Deutschland.