Dienstag, 25. September 2001, 07:32 (MESZ)
in meinem kopf verhallen noch die letzten klaenge der islaendischen band »sigur ros«. im beacon theater auf der upper west side haben sie soeben ein konzert gegeben. und ich bin noch komplett hin und weg. es war grossartig. teils sehr schrill und schraeg, nahezu schreiende klaenge. dann wieder sehr ruhig, harmonisch und sphaerisch. manchmal aengstlich und bedrohend, dann wieder entspannend und einschlaefernd.
die stimme des saengers schien manchmal gar zu weinen. Und obwohl die texte auf islaendisch waren - ich also kein einziges wort verstand - kam es mir vor, als wuerde genau das gesagt werden, was ich die ganze zeit zu formulieren versuche mir aber nicht so recht gelingt.
in dieser musik wurde soviel von dem gefuehl ausgedrueckt, das ich seit dem unglueck vor zwei wochen empfinde. ich fuehlte mich verstanden und war gluecklich. die musik sprach mir aus der seele. es war wunderschoen und sehr befreiend. ich kann nur jedem, der aehnlich empfindet wie ich, ans herz legen, sich diese cd anzuschaffen. zuendet eine kerze an, weint und verarbeitet. und danach sieht die welt wieder ein bisschen heller aus. hell wurde auch der himmel, waehrend ich im taxi sass und richtung downtown fuhr. als ich vor meiner wohnung stand und gen sueden blickte, sah es aus, als wuerde in der ferne ein grosses sportereignis stattfinden. So hell erleuchtet war der himmel. die aufraeumarbeiten haben schliesslich keine nachtruhe.
wie tief die angst noch in uns schlummert, musste ich heute auf meinem nachhauseweg vom buero feststellen. die express-subway-linie nummer vier , in der ich mich befand, blieb aus unerfindlichen gruenden zwischen der dreiundzwanzigsten strasse und dem union square stehen. da standen wir also mitten den stationen im dunkeln. um mich herum tausend andere new yorker, denen wahrscheinlich die selben gedanken durch den kopf schossen, wie mir: was ist passiert? warum faehrt die verdammte bahn nicht weiter?? was ist ueber uns los? wie kommen wir hier raus?
so ein vorfall ist eigentlich bei weitem nix aussergewoehnliches, aber in diesen zeiten, wo jede harmlose autoalarmanlage den puls beschleunigt, wird er schnell zur ausnahmesituation. ich war jedoch erstaunt, wie vernuenftig die meisten passagiere in meinem waggon sich verhielten. sie lasen weiterhin ihre zeitung, nickten im takt ihrer musik aus dem walkman oder stellten sich schlafend. und nach den ersten panischen minuten ging es schliesslich auch weiter, als waere nichts passiert. wir bekamen noch nicht einmal eine der unverstaendlichen durchsagen durchgerufen. ich muss dennoch eingestehen, dass mein herz einen kleinen huepfer machte, als ich wieder das tageslicht erblickte.