KARRIERE »Frauen sind dämlich, faul und unaufrichtig«

Kaum Frauen in den Chefetagen? »Selbst schuld!« meint Barbara Bierach. Mit ihren provokanten Thesen sorgt die Autorin für Aufsehen.

Frauen sind selbst schuld, wenn sie keine Karriere machen. Das meint zumindest Barbara Bierach (36). »Frauen sind nicht schwach, Frauen sind nur dämlich, faul und unaufrichtig«, provoziert die Autorin des Buchs »Das dämliche Geschlecht«. Darin fordert sie ihre Geschlechtsgenossinnen auf, mit der wortreichen Larmoyanz Schluss zu machen und endlich Verantwortung zu übernehmen. Akademikerinnen in Deutschland lasteten ihr Versagen im harten Kampf um Positionen und Budgets gerne den Männern an und nutzten Kinder als »Heldennotausgang«, statt sich einfach »die Hälfte des Himmels« zu nehmen. Fachfrauen halten die Thesen der Journalistin und Volkswirtin für reichlich oberflächlich.

»Dämliches Buch«

»Das Buch ist so dämlich wie sein Titel«, kontert die Ökonomie- Professorin vom »Zentrum gender studies und feministische Zukunftsforschung« der Universität Marburg, Maria Funder. Bierach lasse aktuelle Untersuchungen außer Acht, reproduziere altbackene Stereotypen von Frauen und klassifiziere Alternativen zur klassischen Karriere von vornherein ab. Die Soziologin und Geschlechterforscherin der Universität Kassel, Prof. Christel Eckart, fügt hinzu, Bierach blende Geschichte aus, erhebe Individualisierung zum Prinzip und suggeriere, wie viele Ratgeber, alles sei machbar.

Nur elf Prozent Frauenanteil in deutschen Führungsetagen

»Frauen sind nicht dämlich und faul, sondern haben einfach andere Lebensvorstellungen«, nennt die Abteilungsleiterin Chancengleichheit der Commerzbank, Barbara David, einen Grund, weshalb sich in den Führungsetagen deutscher Firmen so wenig Frauen finden. Mit einem Frauen-Anteil von elf Prozent bildet Deutschland nach Angaben des Familienministeriums sogar das Schlusslicht in Europa. »Ich kann Frauen gut verstehen, die keinen 80-Wochenstunden-Job wollen«, sagt David. Sie orientierten sich eher an Beziehungen, Männer hingegen eher an Status, Wettkampf und Strategie. »Frauen gehen nicht so schnell mit jemanden essen, nur weil sie eine Info wollen.«

Karriere nicht um jeden Preis

Die Größe des Dienstwagens oder die Zahl der Mitarbeiter sei ihnen viel unwichtiger als Männern, stimmt die Vizepräsidentin der IHK Frankfurt, Dagmar Bollin-Flade zu, eine von wenigen Frauen in dieser Position. »Viele Frauen wollen nicht um jeden Preis Karriere machen. Ich möchte auch nicht eine hundertprozentige Managerin sein.«

Bierach hält es für eine Mär, dass Männer Frauen den Aufstieg erschweren. In ihrem »Buch über Erfüllung und Selbstverantwortung« meint sie: »Gegen Frauen muss Mann sich nicht verschwören. Frauen erledigen sich schneller und gründlicher selber, als Männer das je könnten.« Der Satz, dass die Situation der Frauen in Deutschland zuvörderst etwas mit den Frauen selbst zu tun habe, sei eines der letzten großen Tabus.

Frauen verkaufen sich oft unter Wert

Männer pflegten Service Clubs oder informelle Netzwerke früher als Frauen und seien sich dessen auch bewusster, sagt dagegen Aletta Gräfin von Hardenberg, die bei der Deutschen Bank für »globale Vielfalt« verantwortlich ist. »Frauen haben mehr das Gefühl, sie könnten das allein. Man braucht aber Kontakte. Man kann Karriere nicht allein gestalten.« Frauen verkaufen sich nach Ansicht der Fachleute aber oft auch schlechter als ihre männlichen Konkurrenten: So würden sie sich etwa nur auf Stellenanzeigen bewerben, deren Anforderungen sie voll erfüllten, berichtet Bollin-Flade. »Sie lassen sich auch mit weniger Geld abspeisen.« Von Hardenberg sagt: »Frauen müssten mutiger sein, um sich dem Kampf, der nicht immer einfach ist, aussetzen zu wollen. Die Luft wird oben dünner.«

Ein Schlüssel für den Wandel: bessere Kinderbetreuung

Eine Neubewertung von Betreuungs- und Erwerbsarbeit ist nach Auffassung der Fachfrauen neben besseren Kinderbetreuungsangeboten der Schlüssel für den Wandel. »Die Strukturen müssen so geändert werden, dass sich auch Frauen in Unternehmen und Männer in Familien wohler fühlen«, meint David. Dabei kann sie sich sogar Job-Sharing in höheren Positionen vorstellen. Von Hardenberg rechnet in den nächsten Jahren mit massiven Nachwuchsproblemen für Führungskräfte - erst recht, wenn die Frauen außen vor bleiben.

Von Ira Schaible, dpa

Barbara Bierach: Das dämliche Geschlecht - warum es kaum Frauen im Management gibt. Erschienen im VCH Verlag, Weinheim, 210 Seiten, 24,90 Euro (ISBN 3-527-50026-X).

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