Der Papst ist kein Freund des Kapitalismus. "Wer auf Geld baut, der baut auf Sand", mahnte Benedikt XVI. kürzlich bei einer Bischofsversammlung im Vatikan. Geld sei "gar nichts", redete er den Kirchenoberen ins Gewissen. Die offizielle Vatikanzeitung "L'Osservatore Romano" geißelt schon seit Längerem die Verirrungen des globalen Finanzsystems.
Vatikan-Investments laufen mies
Der Vatikan hat allen Grund zur Klage - auch aus wirtschaftlichen Gründen. Der Zwergstaat ist stark von Einnahmen abhängig, die er aus Anlagen in Aktien, Anleihen oder Gebäuden gewinnt. Die Investments laufen allerdings schlecht. Im vergangenen Jahr schloss der Vatikan den Haushalt mit einem Minus von neun Millionen Euro ab. Schuld sei der schwache Dollar-Kurs gewesen, hieß es zur Erklärung. Doch auch in diesem Jahr dürften die Geschäfte nicht besser laufen, warnt das katholische Magazin "The Tablet". Für den kleinsten Staat der Welt ist das eine Katastrophe: Er hat immerhin 2748 Mitarbeiter zu bezahlen.
Die geistlichen Hirten fahren daher nun einen rigiden Sparkurs. "Wir können uns keine Verschwendung mehr leisten", sagt Bischof Renato Boccardo, Sekretär beim Governeur des Vatikanstaats. Mehr Effizienz in der Verwaltung sei nötig. Zum Jahreswechsel will der Vatikan eine Magnetkarte einführen, um die Arbeitszeit der Mitarbeiter besser zu überwachen. Mit der Stechuhr sollen Faulenzer entlarvt werden, die mehr Zeit in den Cafés um den Petersdom verbringen als in den päpstlichen Büros. "Es gibt viel zu arbeiten, und die Finanzsituation erlaubt es uns nicht, mehr Mitarbeiter einzustellen", so der Bischof gegenüber der Zeitung "La Stampa".
Grundlage für Gehaltsgespräche
Die Vatikanmitarbeiter sind entsetzt. Priester, Mönche und Ordensschwestern stellen rund die Hälfte der Beschäftigten des Vatikans. Sie sehen sich durch einen Stechuhrzwang in ihrer Ehre verletzt. Schließlich gehen sie auch außerhalb der Vatikanmauern ihrer seelsorgerischen Arbeit nach - und die wird eben von keiner Stechuhr erfasst. Den letzten Versuch, die Anwesenheit der Mitarbeiter zu kontrollieren, beendete vor 50 Jahren der charismatische Papst Johannes XXIII.
Die Vatikanverwaltung indes bleibt hart - und möchte der Stechuhr offensichtlich zu einer wahren Renaissance verhelfen. Die Anwesenheitsdaten sollen nämlich auch dabei helfen, die Leistungen der Mitarbeiter bei Lohnverhandlungen besser zu bewerten. Bei Beförderungen soll es künftig weniger darum gehen, wie lange jemand schon im Vatikan seinen Dienst tut, sondern verstärkt auch darum, wie gut man arbeitet. Motivationsanreize sollen das sein, vor allem für die mehr als 1600 weltlichen Mitarbeiter. Wer durch besonderen Fleiß auffällt, so der Plan, kann in Zukunft auf Leistungszulagen hoffen - auch wenn Geld im Grunde "gar nichts" ist.