Buchverluste aus der Übernahme des Mannesmann-Konzerns durch das britische Mobilfunk-Unternehmen Vodafone könnten die deutschen Steuerzahler nach einem Zeitungsbericht bis zu 50 Milliarden Euro kosten. Laut Zeitungsberichten will die Düsseldorfer Vodafone GmbH nämlich nach dem Kauf von Mannesmann im Jahr 2000 aufgrund von Teilwertabschreibungen in genau dieser Höhe Steurersparnisse in Milliardenhöhe geltend machen. Sollte Vodafone die Abschreibungen in dieser für die deutsche Wirtschaftsgeschichte einmaligen Größenordnung durchsetzen, würde der Mobilfunkkonzern nach Agentur-Informationen eine Steuerersparnis von bis zu 25 Milliarden Euro erreichen.
Keine Stellungnahme
Nach Berichten des Berliner "Tagesspiegels" und des Bonner "General-Anzeigers" vom Samstag belaufen sich die Teilwertabschreibungen auf rund 50 Milliarden Euro. Aus Aufsichtsratskreisen von Vodafone sei ihnen bestätigt worden, dass bei den Finanzbehörden der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Abschreibungen in dieser Höhe geltend gemacht wurden. Ein Sprecher des NRW-Finanzministeriums wollte den Vorgang am Samstag weder bestätigen noch dementieren: "Zu Steuerverfahren nehmen wir grundsätzlich keine Stellung."
Teilwertabschreibungen sind im Steuerrecht dann möglich, wenn der Wert eines Bilanzpostens dauerhaft unter den Betrag gefallen ist, mit dem er in den Büchern steht. Das sei bei dem Erwerb von Mannesmann durch Vodafone 1999/2000 der Fall gewesen, berichtete der "Tagesspiegel". Das Unternehmen wurde auf dem Höhepunkt des Aktienbooms gekauft, von März 2000 an verloren die internationalen Aktienbörsen dramatisch an Wert. Ein Vodafone-Sprecher habe dem "Tagesspiegel" bestätigt, dass es Teilwertabschreibungen gegeben habe, insbesondere, "als Telekomwerte an den Börsen stark verloren haben. Das ist ein normaler Vorgang".
Schon nach einem Jahr Kursverlust
Das Mobilfunkunternehmen Vodafone hatte Mannesmann in einer in der deutschen Wirtschaftsgeschichte einmaligen Übernahmeschlacht für knapp 200 Milliarden Euro gekauft. Die Aktionäre des Düsseldorfer Traditionskonzerns hatten Vodafone-Aktien im Gegenwert von 353 Euro pro Mannesmann-Aktie erhalten. Später sei das Mannesmann-Aktienpaket von einer Luxemburger Vodafone-Tochter für 146,9 Milliarden Euro an die deutsche Vodafone GmbH verkauft worden, was einem Kurs von 309 Euro entspreche, so der "Tagesspiegel". Schon ein Jahr darauf habe die deutsche Vodafone-Tochter den Kurs auf nur noch 200 Euro taxiert und entsprechende Abschreibungen vorgenommen. Das entspreche einem Buchwert von 50 Milliarden Euro. Den Verlust wolle Vodafone nun mit angefallenen Gewinnen verrechnen. Die Finanzbehörden hätten allerdings Zweifel, ob der Ende 2000 gewählte Kurs von 309 Euro angemessen gewesen sei, weil das Kursniveau zu der Zeit deutlich niedriger gelegen habe.
Das Bundesfinanzministerium in Berlin sprach unterdessen von einem "befremdlichen Vorgang" und kündigte eine eingehende juristische Prüfung durch die zuständige Finanzverwaltung an. "Die ganze Sache hat ganz klar einen sehr faden Beigeschmack", sagte ein Sprecher des Ministeriums am Samstag. Es könne nicht sein, dass "am Ende der deutsche Steuerzahler dieses Geschäft bezahlen soll - inklusive der Tantiemen und Abfindungen für die beteiligten Manager."
Grüne fordern Finanzbehörde zum Handeln auf
Die Grünen forderten ein zügiges und scharfes Vorgehen der Finanzbehörden. "Es kann nicht angehen, dass Fantasiekurse für Aktienpakete durch Abschreibungen zu solchen gigantischen Steuerausfällen führen", sagte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Christine Scheel, am Samstag in Berlin.
Der Fall zeige, wie falsch es gewesen sei, dass Union und FDP sich jahrelang gegen eine Mindeststeuer bei Gewinnen gewehrt haben. Nach den von Rot-Grün durchgesetzten Neuregelungen könnten Verlustvorträge nur noch begrenzt verrechnet werden, sagte Scheel. Damit müssten Konzerne von 2005 an wenigstens 40 Prozent ihrer Gewinne versteuern. Sie könnten sich somit nicht mehr auf "Null" rechnen.
Wegen der Abfindung des Mannesmann-Managements in Millionenhöhe müssen sich derzeit mehrerer frühere Vorstandsmitglieder und Aufsichtsräte, darunter Ex-Firmenchef Klaus Esser und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann vor Gericht verantworten.