Schon als Kinder bekommen die meisten Menschen beigebracht: Teilen ist eine gute Sache. Wenn man sein Spielzeug auch mal anderen überlässt, haben alle mehr Spaß im Sandkasten. Seit einigen Jahren erobert das Sandkastenprinzip auch die Wirtschaftswelt der Erwachsenen. Die Verfechter der Share Economy glauben, dass Teilen den Nutzen aller erhöht. Wer übers Wochenende verreist, kann seine Wohnung anderen zur Verfügung stellen. Wer ständig mit halb leerem Auto herumfährt, kann jemand mitnehmen. Und wer sein Auto nur zwei Tage die Woche braucht, kann es Fremden auch mal ganz überlassen.
Für alle diese Zwecke haben sich Plattformen etabliert, auf denen Teilende und Suchende sich finden können. Besonders beliebt sind Angebote für private Zimmervermietungen wie Airbnb. Das Blöde ist nur: Vielen Menschen geht es dort gar nicht ums Teilen, sondern ums Geldverdienen.
Die Stadt New York hat jetzt herausgefunden, dass 72 Prozent aller Airbnb-Angebote der vergangenen vier Jahre illegal gewesen sein sollen. Die Sharing-Plattform werde von kommerziellen Vermietern unterwandert, stellte Bundesanwalt Eric Schneiderman fest. Und diese müssten natürlich eigentlich Steuern zahlen.
Die Situation in New York mag wegen der dortigen Gesetze speziell sein. Das Problem ist aber nicht auf New York beschränkt. Wie das Magazin "Capital" kürzlich recherchierte, gibt es auch in Berlin Tausende eigentlich private Wohnungen, die dauerhaft über Airbnb an Touristen vermietet werden - und damit nicht für reguläre Mieter zur Verfügung stehen. Das Perfide ist: Ausgerechnet in den Innenstädten, wo die Wohnungsnot am größten ist, kann man am meisten herausholen.
Teilen ist gar nicht so leicht
Teilen ist offenbar gar nicht so leicht, wie man meint. Klar, wer seine Wohnung Fremden überlässt, kann eine kleine Aufwandsentschädigung verlangen. Vielleicht auch ein bisschen mehr, könnte schließlich was kaputt gehen. Ach, mein Nachbar verlangt für seine Wohnung das Doppelte? Dann kann ich das doch auch machen. Spätestens, wenn man sich die Zimmerpreise in München rund um das Oktoberfest ansieht, weiß man, dass die Gier keine Grenzen kennt.
Es scheint so, als ob die sympathische Sharing-Idee fast zwangsläufig missbraucht wird - von kleinen Anbietern genauso wie von kommerziellen Geschäftemachern. Die Sharing-Economy funktioniert daher offenbar nur nach strengen Regeln. In Berlin gilt bereits seit Mai ein Zweckentfremdungs-Verbot für Wohnungen. Selbst in San Francisco, dem liberalen Hauptsitz von Airbnb, dürfen Wohnungen mittlerweile nicht mehr als 90 Tage im Jahr weitervermietet werden.
Anders scheint es nicht zu gehen. Sonst bereichern sich unter dem Deckmäntelchen des Sharing-Gedankens die, die etwas zum Verleihen haben - und gierig genug sind, das auszunutzen.