BILANZFÄLSCHUNG MAN wirft 2 Top-Manager raus

Die britische MAN-Tochter ERF hat offenbar die Bilanzen manipuliert und geschönt. Der Schaden geht in die Millionen. Der Kurs rutschte zeitweilig um mehr als zehn Prozent und fiel auf ein neues Jahrestief.

Der Münchener Nutzfahrzeug- und Maschinenbaukonzern MAN hat nach eigenen Angaben einen Fall schwerer Bilanzfälschung bei seiner britischen Lkw-Tochter ERF aufgedeckt. ERF-Chef John Bryant und der deutsche Finanzchef Klaus Wagner sind mit sofortiger Wirkung entlassen worden. Den beiden Spitzenmanagern wird vorgeworfen, systematisch Buchungen gefälscht sowie Belege manipuliert und so die Lage des Lkw-Bauers geschönt zu haben. ERF wird deswegen im laufenden Jahr Verluste schreiben, die auch das Ergebnis des Konzerns belasteten, erklärte ein Sprecher. Wie lange die Unregelmäßigkeiten liefen, sei noch nicht absehbar. Die MAN-Stammaktie brach zeitweise um über zehn Prozent ein.

Schaden in Millionen-Höhe

MAN hat ERF Anfang des vergangenen Jahres übernommen. Dass die Bücher schon damals manipuliert gewesen seien, könne nicht ausgeschlossen werden, sagte ein MAN-Sprecher. Die Fehler in den Büchern sind über Monate hinweg nicht entdeckt worden. Nun sollen die Bilanzen von ERF von einer anderen Wirtschaftsprüfungsfirma nachträglich noch einmal überprüft werden. Allein im vergangenen Jahr ist durch die Buch-Fälschungen ein Schaden entstanden, der nach Steuern im hohen zweistelligen Millionen- Euro-Bereich liege. Vor Steuern dürfte es sich damit um einen dreistelligen Millionenbetrag gehandelt haben.

Zusätzliche Einbußen

Da MAN nicht mehr benötigte Rückstellungen für den bis Ende 2000 aufgelaufenen Schaden auflösen werde, bleibt dieser zwar ohne Folgen für das Ergebnis, sagte der Sprecher. Weil aber ERF entgegen den Erwartungen 2001 Verluste schreiben werde, erwartet der Münchener Konzern für das laufende Jahr zusätzliche Ergebniseinbußen. Genaue Zahlen nannte der Sprecher nicht. Schon Mitte Juli hatte Vorstandschef Rudolf Rupprecht gesagt, das Ergebnis des Geschäftsjahres 2001 von MAN werde um deutlich mehr als zehn Prozent hinter dem Rekordwert aus dem Geschäftsjahr 1999/2000 zurückbleiben. Analysten gingen zuletzt von 15 bis 25 Prozent Rückgang aus. MAN will den Zwischenbericht über das erste Halbjahr am kommenden Mittwoch veröffentlichen.

Die Börse reagierte empfindlich

Die im Deutschen Aktienindex DAX gelisteten Stammaktien von MAN brachen zwischenzeitlich um mehr als zehn Prozent ein und fielen unter das bisherige Jahrestief von 24,07 Euro. Am späten Nachmittag notierten die Titel mit 25,50 Euro noch fast vier Prozent unter dem Vortages-Schlusskurs.

Die Geschäfte von ERF sollen nach MAN-Angaben vorerst von Michael Raab geführt werden. Der Manager von MAN Nutzfahrzeuge wird zunächst als kommissarischer Finanzchef (CFO) Nachfolger des ebenfalls aus München nach England gewechselten Wagner. Der Oberbuchhalter von ERF, der in die Fälschungen verwickelt sei, sei inzwischen entlassen worden.

Die MAN Nutzfahrzeuge AG hatte im vergangenen Jahr für ERF umgerechnet rund 340 Millionen DM an den kanadischen Nutzfahrzeug-Konzern Western Star bezahlt und wollte mit der Übernahme den Marktanteil auf der britischen Insel verdoppeln. Die nach ihrem Gründer Edwin Richard Folden benannte ERF hatte für das Geschäftsjahr 1998/99 (per Ende Juni) einen Umsatz von 200 Millionen Pfund (über 600 Millionen DM) ausgewiesen. Damals hatte es geheißen, ERF schreibe schwarze Zahlen.