Boni-Profiteur Andrew Hall "Ich bin ein Kollateralschaden"

Von Guiseppe di Grazia
Die Empörung über hohe Manager-Boni in den USA hält an. Mitten drin in der Debatte: der Ölhändler Andrew Hall, der von der mit Steuergeldern geretteten Citigroup-Bank einen Bonus von 100 Millionen Dollar erhalten haben soll. Er selbst kann die Aufregung nicht verstehen und rechtfertigt sich erstmals im stern.

Der Kunstsammler und Ölhändler Andrew Hall hat sich im Hamburger Magazin stern erstmals zu dem ihm laut Vertrag mit der amerikanischen Citigroup Bank zustehenden Bonus von fast 100 Millionen Dollar geäußert. Halls Vergütung hat im Zuge der Debatte um Bonuszahlungen und die Rückkehr der Gier an den Finanzmärkten hohe Wellen geschlagen. Dem stern sagte der 58-jährige Hall: "In dieser Kontroverse um überzogene Gehälter bin ich ein Kollateralschaden, um einen militärischen Begriff zu benutzen. Ich kann die Empörung der Menschen verstehen. Denn in der Tat sind an der Wall Street Sachen passiert, die ihnen Anlass dazu geben. Wenn Leute belohnt werden, die es nicht verdient haben, weil sie die Leistungen nicht erbracht haben oder sogar für Verluste zuständig sind, dann ist es sehr verständlich, das die Menschen sich so aufregen. Nur: Mein Geschäft gehört nicht dazu."

Bonus vom Steuerzahler?

Halls Unternehmen Phibro, das mit Rohstoffen handelt, soll im vergangenen Jahr trotz der Finanzkrise vor allem mit Spekulationen am Ölmarkt knapp 700 Millionen Dollar Gewinn erwirtschaftet haben. Hall selbst soll deshalb knapp 100 Millionen Dollar als Bonus erhalten. Das Problem ist allerdings: Phibro gehört zur amerikanischen Bank Citigroup, die als Gesamtunternehmen 19 Milliarden Dollar Verlust gemacht hat und eine der Banken ist, die von der US-Regierung mit Steuergeldern gerettet werden musste. Bei der Citigroup waren es 45 Milliarden.

Citigroup ist nicht die einzige US-Bank, die ihren Mitarbeitern trotz hoher Verluste wieder hohe Boni gewährt. Die neun größten amerikanischen Banken haben ihren Managern zusammen fast 33 Milliarden Dollar an Prämien ausbezahlt. 5000 Angestellte erhielten dabei jeweils mehr als eine Million Dollar. Der Volkszorn in den USA kocht deshalb hoch.

"Meine Firma hat den amerikanischen Steuerzahler nie einen Cent gekostet oder Gelder vom Staat erhalten", verteidigt sich Hall im stern. "Im Gegenteil, seit über 15 Jahren sind wir sehr erfolgreich, und an diesem Erfolg nimmt auch der US-Staatsbürger teil, in Form von den vielen Steuern, die wir zahlen." Hall erklärte außerdem: "Ich verdiene nur Geld, wenn meine Firma einen Profit macht."

Phibro ist eine kleine Rohstoffhandels-Sparte der Citigroup. Seit 1993 macht sie sensationelle Gewinne, in den vergangenen zehn Jahren sollen das bis zu 4,5 Milliarden Dollar gewesen sein. Laut Geschäftsbericht von 2007 überwies Phibro der Citigroup 686 Millionen Dollar, 2008 waren es fast genau so viel. Laut Vertrag mit der Citigroup dürfen Hall und sein kleines Team von etwa 50 Mitarbeitern etwas mehr als 20 Prozent des Nettogewinns von Phibro für sich behalten.

Hall gehört zu den wichtigsten Kunstsammlern der Welt

Präsident Barack Obama hat einen Sonderbeauftragten eingesetzt, der überzogene Boni bei den vom Staat vor dem Konkurs bewahrten Banken überprüft. Der Sonderbeauftragte will auch klären, ob er in Verträge eingreifen kann, die vor der im neuen Gesetz genannten Frist vom 11. Februar geschlossen wurden. Das würde auch Hall betreffen. Der US-Unternehmer ist sich zumindest mit der Citigroup einig: "Die Medien haben von einem Streit zwischen mir und Citigroup berichtet. Es gibt keinen Streit. Beide Seiten sind sich einig, dass ich einen Vertrag habe, den beide respektieren werden", sagte Hall.

Einen großen Teil seines Vermögens investiert der in Southport, Connecticut, lebende Hall in seine Sammlung zeitgenössischer Kunst. Mit seiner Frau Christine gehört Hall laut der Zeitschrift "Artnews" zu den 200 wichtigsten Sammlern in der Welt. Dem deutschen Maler Georg Baselitz kaufte er vor zwei Jahren nicht nur dessen Millionen schwere Kollektion ab, sondern auch noch Schloss Derneburg bei Hildesheim, wo der Künstler 32 Jahre lang gelebt und gearbeitet hatte. In Schloss Derneburg möchten Hall und seine Frau Christine, so ihr Plan, ab kommenden Frühjahr die Sammlung Hall, zu der mehr als 4000 Gemälde, Skulpturen und Zeichnungen gehören, der Öffentlichkeit präsentieren.

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