Es hätte alles so schön sein können für George Santos: der 34-Jährige ist der erste offen homosexuelle Kandidat der Republikaner, der einem Demokraten in den Wahlen für das Repräsentantenhaus einen Sitz abgenommen hat. Das auch noch in einem Bezirk, der in sieben der letzten acht Präsidentschaftswahlen einen Demokraten gewählt hat. Doch nur kurz nach der Wahl stellt sich heraus, dass der zum Trump-Lager zählende Santos vielleicht nicht ganz so seriös ist, wie er es seinen Wählern Glauben machen wollte. Denn gleich mehrere führende US-Medien, darunter die "New York Times" und "CNN", berichteten zuletzt über Ungereimtheiten im Lebenslauf von Santos, der ab Januar 2023 eigentlich seinen Platz im Repräsentantenhaus in Washington einnehmen soll. (Mehr dazu lesen Sie hier)
Santos selbst ließ sich zunächst von einem Anwalt vertreten, äußerte sich aber am Montag erstmals selbst zu den Vorwürfen – und bestätigte diese. Einen Abschluss in Finanzen und Wirtschaft an der New York University und der Universität Baruch? Gelogen! "Ich habe nie einen Abschluss an einer Universität gemacht. Es ist mir sehr peinlich und es tut mir leid, dass ich meinen Lebenslauf geschönt habe", sagte er in einem Interview mit der "New York Post". Er wolle dafür geradestehen, denn schließlich mache man im Leben dumme Dinge. Zuvor hatte CNN bereits berichtet, dass man an beiden Universitäten keinerlei Einschreibung von Santos gefunden hätte.
George Santos: Lügen über Lügen im Wahlkampf
Dumme Dinge scheint es aber im Lebenslauf von Santos zuhauf zu geben, denn Santos gestand noch mehr Fälschungen ein. Denn auch dass er bei den beiden großen Wall-Street-Investmenthäuser Goldman Sachs und Citigroup angestellt war, stimmt nicht. Er habe nicht "direkt" für die beiden Firmen gearbeitet und im Lebenslauf "die Worte falsch gewählt". Stattdessen habe er bei Link Bridge gearbeitet, deren Partner unter anderem Goldman Sachs und die Citigroup seien. "Ich werde das nicht als Entschuldigung anführen, aber viele Leute übertreiben es in ihren Lebensläufen und drehen ein bisschen an der Wahrheit. Ich sage nicht, dass ich das nicht auch getan habe", so Santos in einem Interview mit dem Radiosender "WABC radio".
Doch es ist nicht nur der gefälschte Lebenslauf, der Santos verfolgt, sondern auch andere Aussagen im Wahlkampf stellen sich nun als glatte Lüg dar. So erklärte er, dass ihm ein Unternehmen mit 13 Immobilien gehöre. "George Santos gehören keine Immobilien", sagte er nun der "New York Post". Auch eine eigene Wohnung besitzt der 34-Jährige nicht, er wohne derzeit bei seiner Schwester in Huntington. Statt eigener Immobilien gestand Santos auch noch Mietschulden ein. Ein Gericht verurteilte Santos bereits zur Zahlung von 12.000 Dollar an einen ehemaligen Vermieter – gezahlt hat er diese aber auch noch nicht.
George Santos will Platz im Repräsentantenhaus behalten
Wenig überraschend dürfte es da sein, dass auch von Santos präsentierte Familiengeschichte nicht so ganz lupenrein ist. Santos hatte angegeben, dass seine Großeltern mütterlicherseits während des Zweiten Weltkriegs als ukrainische Juden auf der Flucht vor den Nationalsozialisten in Belgien lebten und dann nach Brasilien ausreisten. Santos bezeichnete sich aufgrund dessen im Wahlkampf auch als "halb-jüdisch" oder "jüdischen Latino". (Mehr dazu lesen Sie hier)
Bereits in der vergangenen Woche berichtete "CNN" unter Berufung auf Daten von Ahnenforschern und des Holocaust Museums, dass es für die von Santos präsentierte Geschichte keinerlei Beweise gebe. Santos erklärte gegenüber der "New York Post" nun, dass er katholisch sei, seine Großmutter aber immer Geschichten davon erzählt habe, jüdisch gewesen zu sein, ehe sie konvertierte. "Ich habe nie gesagt, dass ich jüdisch bin. Ich bin Katholik" wehrte sich Santos. "Aber als ich erfahren habe, dass meine Familie mütterlicherseits jüdische Wurzeln hat, habe ich gesagt, dass ich ein bisschen jüdisch bin."
Zweifel daran, dass seine Lügen einen Einfluss auf seine politische Arbeit haben, hat Santos hingegen nicht. "Meine Absicht ist es, meine Versprechen gegenüber meinen Wählern einzulösen. Dafür haben mich die Leute auch gewählt." Er sei kein Betrüger und auch sonst kein Krimineller. "Ich habe weder hier noch irgendwo anders auf der Welt ein Verbrechen vergangen", erklärte Santos, der sein Mandat im Repräsentantenhaus weiterhin wahrnehmen will. Dem gegenüber stehen Recherchen der "New York Times", dass Santos in Brasilien wegen Scheckbetrugs verurteilt wurde. Dabei beruft sich die Zeitung auf Gerichtsakten, in denen Santos anhand seines Namens, des Geburtsdatums sowie der Namen seiner Eltern zu identifizieren sei. Santos habe ein Geständnis abgelegt und es sei auch ein Urteil gesprochen worden. Das Urteil hätte jedoch nicht vollstreckt werden können, da Santos von den Behörden nicht mehr auffindbar gewesen sei.
Quellen: New York Post, CNN, New York Times