Mit dem Slogan "America First" will Donald Trump die US-Wirtschaft nach vorne bringen. Was global agierenden US-Konzernen droht, wenn jeder so denkt, kann sich der US-Präsident aktuell in Indien angucken. Dort sind die US-Getränkegiganten Coca-Cola und Pepsi Ziel einer massiven Kampagne einheimischer Unternehmer. Im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu sind Medienberichten zufolge mehr als eine Million Händler dem Boykottaufruf lokaler Handelsverbände gefolgt.
Hintergrund ist ein seit Monaten andauernder Streit um die Entnahme von Trinkwasser aus einem Fluss – für die Produkte der US-Konzerne. Der Vorwurf: Während die US-Konzerne mit öffentlichen Wasserressourcen große Gewinne machen, können die Bauern angesichts einer massiven Wasserknappheit ihre Felder nicht mehr bewässern. Nach einer entsprechenden Klage durften Pepsi und Coca-Cola vier Monate lang kein Wasser aus dem Fluss Tamiraparani entnehmen. Vergangene Woche beendete das höchste Gericht des Bundesstaats die Sperre der US-Konzerne.

Wut auf US-Marken
Doch der juristische Sieg der Amerikaner hat die Kampfbereitschaft der indischen Händler offenbar nur angestachelt. Denn auch unabhängig vom Trinkwasserstreit sind die übermächtigen US-Konzerne bei vielen Indern nicht mehr gut gelitten. "Es gibt tausende unbekannte Marken, die von Pepsi und Coke zerdrückt werden. Sie haben einfach keine Chance", zitiert das "Handelsblatt" Vikrama Raja, den Präsidenten einer der protestierenden Händlerverbände. Und T.T. Vellaiyan, Chef des Dachverbands für Handel in Tamil Nadu, erklärte laut DPA: "Getränke wie Coke und Pepsi sind ungesund. Indische Produkte sind deutlich besser." Mit anderen Worten: India First.
Laut "Business Standard" kontrollieren Pepsi und Coca-Cola 80 Prozent des Softdrinkmarktes in Indien. Von dem Boykott profitieren könnten nun lokale Unternehmen wie Kali Sparkling, Hersteller des in Südindien beliebten Softdrinks Bovonto. Andere große indische Getränkemarken sind in den vergangenen Jahren vom Markt verschwunden oder wurden von Coca-Cola und Pepsi aufgekauft.
"Buy Indian" ist angesagt
Boykott-Aktionen gegen Coca-Cola und Pepsi gab es in Indien immer wieder mal. Doch diesmal hat die Bewegung besondere Kraft, weil Nationalismus im Land generell auf dem Vormarsch ist. Befeuert wurden die Proteste gegen ausländische Einflüsse und für eigene Traditionen Anfang des Jahres durch ein Verbot des traditionellen indischen Stierkampfes Jallikattu durch den Supreme Court. Einer der größten Gegner des in Tamil Nadu beliebten Sportes war die amerikanische Tierschutzorganisation Peta.
Der indische Nationalismus gedeiht nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch an der Spitze des Staates. Regierungschef Narendra Modi lässt derzeit eine "Buy Indian"-Initiative für staatliche Anschaffungen erarbeiten. Das kommt amerikanischen Medien irgendwie bekannt vor. CNBC vergleicht das Vorhaben mit Donald Trumps "Buy American"-Politik. Pepsi betreibt derweil Schadensbegrenzung: Indra Nooyi, die amerikanische Pepsi-Chefin mit indischen Wurzeln, erklärte nach einem Krisentreffen mit Modi, bei der Einführung von neuen, gesünderen Produkten auf traditionelle lokale Rezepte zurückgreifen zu wollen.
