Millionenschwere Aktienverkäufe Der Curevac-Impfstoff floppte, aber einige Bosse machten Kasse

Curevac-Zentrale in Tübingen
Curevac-Zentrale in Tübingen
© Bernd Weissbrod / DPA
Kurz nach Bekanntgabe der enttäuschenden Daten für den Curevac-Impfstoff haben Vorstände des Konzerns Aktienpakete im Millionenwert verkauft. Dabei machten sie allerdings ein schlechtes Geschäft.

Der Curevac-Impfstoff ist aus deutscher Sicht die große Enttäuschung im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Obwohl die Vakzine wie die von Biontech und Moderna auf der mRNA-Technologie basiert, liegt die Wirksamkeit nur bei knapp 50 Prozent statt über 90 Prozent. Als diese Daten Mitte Juni bekannt wurde, stürzte der Aktienkurs des Tübinger Unternehmens dramatisch ab.

Nun sorgen auffällige Transaktionen des Top-Managements von Curevac rund um dieses Datum für Aufsehen. Denn gleich vier Vorstände des Konzerns haben im Juni parallel den Verkauf großer Aktienpakete ihres Unternehmens angemeldet, wie aus Unterlagen der Börsenaufsicht SEC hervorgeht, über die zuerst der Business Insider berichtete. Insgesamt geht es um Aktien im Wert von mehr als 38 Millionen US-Dollar (32 Millionen Euro) - und auch wenn letztlich weniger Aktien veräußert wurden als angekündigt, geht es um Millionenerlöse.

Allein der Curevac-Mitgründer und frühere operative Chef Florian von der Mülbe verkaufte Aktien für mehr als 16 Millionen Dollar, Ende Juni schied er aus dem Vorstand aus. Finanzchef Pierre Kemula trennte sich von Anteilen im Wert von 1,2 Millionen Dollar. Und die Leiterin der Entwicklung Ulrike Gnad-Vogt sowie Technikvorständin Mariola Fotin-Mleczek strichen durch Aktienverkäufe jeweils eine sechsstellige Summe ein.  

Verkauf erst nach dem Crash

Der Vorgang ist brisant, liegt doch der Verdacht nahe, dass die Curevac-Bosse noch schnell privat abkassieren wollten, ehe der Impfstoff-Flop den Unternehmenswert nach unten reißt. Die Finanzaufsicht Bafin hatte bereits kurz nach dem Kursabsturz erklärt, verdächtige Aktienverkäufe zu prüfen, damals noch ohne Namen zu nennen. Doch ganz so einfach ist die Geschichte von den gescheiterten Bossen, die noch schnell Kasse machen, nicht.

Denn tatsächlich verkauften die Curevac-Vorstände ihre Aktien erst nach dem verheerenden Kursabsturz. Am 17. Juni war der Kurs von über 90 auf unter 60 Dollar eingebrochen. Laut Handelsblatt erzielten die Manager mit den Aktienverkäufen einen Durchschnittspreis von 62 Dollar. Auch wenn der Kurs seitdem weiter gefallen ist, auf derzeit rund 55 Dollar, haben die Konzernlenker beim Verkauf ihrer Aktien also eher schlechtes Timing gehabt. Nach Unternehmensangaben sind keine Aktienverkäufe vor Bekanntgabe der schwachen Daten aus der Impfstoffstudie erfolgt. 

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Regeln gegen Insiderhandel beachtet

Dass die Konzernlenker erst nach dem Kurscrash verkauften, liegt an den Börsen-Regeln gegen illegalen Insiderhandel. Als Insider des Unternehmens hätten sie die Aktienverkäufe bereits Monate zuvor über einen Handelsplan festlegen müssen, erklärte Curevac dem Handelsblatt. Es bestehe daher keinerlei Zusammenhang zwischen den Aktienverkäufen und aktuellen Firmenentwicklungen. Es ist sogar gut möglich, dass die Curevac-Bosse zum Zeitpunkt der Verkaufsentscheidung noch von deutlich besseren Studienergebnissen für ihren Impfstoff ausgegangen sind – und dementsprechend auf ein wesentlich lukrativeres Geschäft gehofft haben.

Der Vorwurf von der Bereicherung durch Insiderhandel wäre damit entkräftet. Trotzdem muss Curevac zu allen Problemen jetzt auch noch Zweifel zerstreuen, dass die Führung angesichts großer Anteilsverkäufe selbst noch an den eigenen Erfolg glaubt. "Unsere Vorstände sind weiterhin vollständig von Curevac und unserer Technologie überzeugt und widmen sich mit aller Energie der Weiterentwicklung des Unternehmens", ließ der Konzern verlauten.

Ob der Curevac-Impfstoff überhaupt auf den Markt kommen wird, ist allerdings fraglich. Der Konzern, bei dem Dietmar Hopp und der Bund zu den größten Anteilseignern gehören, strebt zumindest eine Zulassung für Unter-60-Jährige an, weil dort die Wirksamkeit leicht über 50 Prozent liegt. Für die deutsche Impfkampagne ist die Vakzine allerdings derzeit nicht eingeplant.

Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass Aktien im Wert von 38 Millionen Dollar verkauft wurden, tatsächlich wurde nur ein Teil dieser angekündigten Verkäufe realisiert. Wir haben die Stelle korrigiert.