Herr Schaar, wann haben Sie vom jüngsten Telekomskandal etwas mitbekommen?
Am vergangenen Freitag rief mich der Konzernbeauftragte für Datenschutz an, und sagte mir, der "Spiegel" plane eine Berichterstattung.
Ihre Behörde hat ihren Hauptsitz in Bonn, in unmittelbarer Nähe zur Konzernzentrale. Seit April 2006 wusste man dort über den Datenklau Bescheid. Hat Sie das nicht persönlich enttäuscht?
Vielleicht war der Telekom das Ortsgespräch zu teuer! Natürlich war ich enttäuscht. Zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Datenschutzbeauftragten gehört auch, dass man die Behörde unterstützt. Spätestens nach dem Skandal um die Bespitzelung von Aufsichtsräten und Journalisten hätte ich erwartet, dass man mich informiert. Aber offensichtlich ist die Änderung in der Unternehmenskultur eher eine Angelegenheit für die Pressestelle. Die Verhaltensweise ist dieselbe. Das ist insgesamt ein gravierender Vorgang.
Zur Person
Peter Schaar ist der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit. Seine Behörde hat einen Etat von 4,5 Millionen Euro. Im nächsten Jahr steigt dieser nur leicht um 28.000 Euro, bei gleichzeitigen Einbußen in der Sachausstattung. Der studierte Volkswirt hat sein Amt seit Dezember 2003 inne.
Selbst auf die ausdrücklichen Fragen meiner Mitarbeiter, ob weitere Datenabflüsse bekannt seien, sagten Telekommitarbeiter: "nein". Ich habe nun bei der Telekom erneut nachgefragt, warum unsere Fragen falsch beantwortet wurden. Die Antwort: Die Fragen seien wohl falsch verstanden worden.
Ihre Rechte sind begrenzt, eine Hausdurchsuchung können sie beispielsweise nicht machen. Wenn ein Unternehmen Ihnen solche Angaben macht, sind sie machtlos.
Wir prüfen natürlich, aber wir können nicht alle Akten einsehen. Und ehrlich gesagt: Bis jetzt habe ich mir solch einen weiteren Datenschutzverstoß auch nicht vorstellen können. Dass man mich und die Betroffenen im Dunkeln gelassen hat, halte ich für ziemlich befremdlich und ärgerlich.
Immer wieder kommt es in jüngster Zeit zu der Weitergabe von sensiblen Daten: Die Bespitzelung von Journalisten durch die Telekom oder die Weitergabe von Bankdaten durch die Klassenlotterie. Sind Sie nicht auch ein Stück machtlos?
Das kann man nicht einfach auf den Datenschutzbeauftragten abschieben, das gehört zur Eigenverantwortung der Unternehmen - und die ist ja offensichtlich nicht wahrgenommen worden.
Welche Konsequenzen folgen daraus?
Wir müssten stärker durchgreifen dürfen. Wir können nicht einmal ein Bußgeld gegen die Telekom verhängen - das macht die Bundesnetzagentur. Aber diese Behörde ist nicht unabhängig. Das halte ich für kein glückliches Modell. Dabei haben wir die Prüfung der Telekom zu einem Schwerpunktthema gemacht. Die Telekom ist das Unternehmen, welches in Deutschland am intensivsten datenschutzrechtlich geprüft wird.
Das hat aber nicht ganz geklappt.
Ja gut, aber wir können niemals eine hundertprozentige Überwachung gewährleisten. Dort, wo wir prüfen, sind wir aber darauf angewiesen, dass die Unternehmen mit uns zusammenarbeiten - und uns wahrheitsgemäß Auskunft erteilt.
Wie viele Mitarbeiter kümmern sich bei Ihnen um die Telekom?
Mehr oder weniger vier Mitarbeiter. Die Telekom hat sehr komplizierte Strukturen. Deshalb gehört es zur Eigenverantwortung der Unternehmen, uns zu helfen, diesen Überblick zu verschaffen.
Welche Konsequenzen müsste die jüngste Datenpanne haben?
Benötigt würde: eine Informationspflicht gegenüber Betroffenen und Aufsichtsbehörden bei Datenpannen, verstärkte Sanktionen, bessere Kontrollmöglichkeiten und eine bessere Ausstattung der Kontrollbehörden. Damit wäre man schon sehr viel weiter.
Sie sind fast fünf Jahre im Amt. Was können Sie - bei all den jüngsten Rückschlägen - auf der Habenseite verbuchen?
Solche Rückschläge sichern mir die Unterstützung. Die Öffentlichkeit ist sensibilisiert. In der Politik bekomme ich heute eine wesentlich breitere Unterstützung, das war am Anfang nicht so. Die Politik hat nun ein echtes Interesse, den Datenschutz zu stärken.