Die "Bild am Sonntag" berichtete, den Apothekern stünden nach einer gesetzlichen Änderung im Zuge der Gesundheitsreform von den Krankenkassen 226 Millionen Euro zu. Das Gesundheitsministerium bestätigte am Sonntag auf Anfrage die Rechtslage, äußerte sich aber nicht zur Größenordnung des Anspruchs.
Nach der Regelung im Sozialgesetzbuch haben die Apotheker Anspruch darauf, für rezeptpflichtige Arzneien im Jahr 2004 genauso viel Geld zu erhalten wie 2002. Weil die Zahl verordneter Medikamentenpackungen gesunken sei, stünden jedem der 21.000 Apotheker nun rechnerisch 11.000 Euro zu.
"Die Regelung wurde auf Betreiben der Krankenkassen ins Gesetz aufgenommen. Sie haben die Entwicklung in den Apotheken schlicht falsch eingeschätzt", sagte Ministeriumssprecher Klaus Vater der Zeitung. Mit Blick auf die im vergangenen Jahr insgesamt gestiegenen Gewinne der Apotheker sagte er am Sonntag der Nachrichtenagentur DPA: "Wir fordern die Apotheker auf, von ihren Forderungen Abstand zu nehmen. Wir haben nur die Möglichkeit des Appells, entscheiden müssen Kassen und Apotheker selbst."
Verhandlungen zwischen Kassen und Apothekerverband gescheitert
Laut "Bild am Sonntag" sind die Verhandlungen zwischen Kassen und Apothekerverband über die genaue Höhe des Nachschlags gescheitert, jetzt müsse eine Schiedsstelle entscheiden. Die Gewinne der Apotheker seien im Jahr 2004 dennoch durchschnittlich um 3000 Euro auf 81.000 Euro vor Steuern gestiegen, unter anderem über den Verkauf von rezeptfreien Medikamenten.
Harsche Kritik an der Regelung im Sozialgesetzbuch äußerte die Kaufmännische Krankenkasse (KKH): "Diese gesetzliche Regelung torpediert unsere Versuche, im Arzneibereich echte Einsparungen zu erzielen. Das ist ein klarer handwerklicher Fehler der Gesundheitsreform", sagte KKH-Chef Ingo Kailuweit der Zeitung.
Auch der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dieter Thomae, nahm den Bericht am Sonntag zum Anlass für Kritik an der Reform: "Die Reform wurde schlampig zusammengeschustert, und diese Folgen bekommen wir heute zu spüren", erklärte Thomae in Berlin.