Glosse zur Griechenland-Pleite Gebt uns die D-Mark wieder!

Von Andreas Theyssen
Der Euro ist ins Gerede gekommen - und das nicht erst, seitdem die Griechen ihn zu ruinieren drohen. Fünf Gründe, weshalb wir Deutschen die Gemeinschaftswährung nicht länger brauchen.

Es ist ja nicht mehr auszuhalten. Erst die Bilanzfälschungen, mit denen sich die Griechen den Euro erschummelt haben. Dann ihr Barmen, weil sie an den internationalen Finanzmärkten kein Geld mehr bekommen, um ihre Staatsschulden zu refinanzieren.

Dann die erratischen Downgrades der noch erratischeren Ratingagenturen, die nicht nur unsere Schummelgriechen, sondern gleich auch noch die Euro-Portugiesen und die Euro-Spanier runterstuften, vulgo: in der Schuldenkrise mit Benzin löschten.

Und nun sollen wir Deutschen, die wir doch so schön sauber aus der Wirtschaftskrise rausgekommen sind, den Schummelgriechen mit unserem sauer verdienten Geld helfen. (Okay, es sind nur Darlehen, an deren Zinsen unser Finanzminister mittelfristig recht gut verdienen wird, aber hier geht es schließlich ums Prinzip).

Nein, so geht es wahrlich nicht weiter. Und wenn die Griechen nicht freiwillig aus der Euro-Zone ausscheren, dann bleibt uns Deutschen nur ein einziger Weg: Raus aus dem Euro, rein in die D-Mark. Was damals gut war, kann schließlich heute nicht schlecht sein. Und es gibt gute Gründe, weshalb wir unsere harte D-Mark wiederhaben wollen.

Grund 1: Einheit ist total aus der Mode

Der Euro ist eine Einheitswährung, und alles, was mit Einheit zu tun hat, haben wir schließlich schon mit der deutschen Einheit abgeschafft. Sozialistische Einheitspartei, Einheitsgewerkschaft - das sind alles Relikte aus DDR-Zeiten. Da passt eine europäische Einheitswährung schlichtweg nicht zum Zeitgeist. Ergo: Weg mit dem Euro!

Grund 2: Kopfrechnen ist en vogue

Die EU hat uns um eines unserer größten Urlaubsvergnügen gebracht: das Kopfrechnen. Auf den Kanaren, auf Capri, auf Kreta, in den Ostalpen - überall können wir inzwischen mit Euro zahlen. Schon mal überlegt, was das für unsere mathematischen Fähigkeiten bedeutet? Sie liegen brach, völlig brach.

Eine Gesellschaft wie die deutsche, die mangels Rohstoffen auf ständige Innovation angewiesen ist, kann sich derart fahrlässigen Umgang mit deutschen Kopfrechenkünsten einfach nicht länger leisten. Wir müssen unsere Hirne auch während der durchschnittlich sechs Wochen Totalfreizeit pro Jahr und Arbeitnehmer trainieren. Und dazu brauchen wir Wechselkurse. Wie viel Euro sind eine D-Mark? Was kostet der Souflaki am Strand von Methoni in unserer Währung? Wie viele Nullen muss man in Lira-Italien streichen, um herauszufinden, was der Wirt außer fürs Essen für Brot, Servietten und Besteck berechnet? Und endlich werden wir uns wieder über Wechselstuben ärgern können, weil die uns so böse behumst haben. Ganz klar: Deutschland braucht Wechselkurse, weil nur durch sie auch im Urlaub Gehirnjogging möglich ist. Dann werden wir künftig auch bei den Pisa-Studien besser abschneiden.

Grund 3: Wider die Exportitis

Okay, die Chinesen haben uns inzwischen überholt, aber wir Deutschen sind immer noch Export-Vizeweltmeister. Und das ist gar nicht gut, sagen die Chefökonomen, von wegen globaler Ungleichgewichte und so.

Haben wir zwar noch nie nachvollziehen können, aber wenn solche Hochkaräter das meinen, dann muss es ja wohl richtig sein. Und wie kriegt man eine florierende Exportwirtschaft ruck, zuck klein? Man macht sie anfällig für Wechselkursschwankungen. Im Moment ist sie das kaum, weil unsere Unternehmen ja zum Großteil in die Euro-Zone exportieren. Also her mit der D-Mark, die wird dann auch schön stark, wegen Schuldenbremse und weil man uns Deutschen einfach Solidität zutraut. Und jedes Mal, wenn der D-Mark-Kurs nach oben geht, dürfen wir bibbern, ob den Chinesen, Amis oder Italienern unsere Mercedes und Drehbänke nicht zu teuer werden. Dann kommt auch wieder Bewegung in die Arbeitslosenstatistik - und zwar nach oben -, aber wenn's dem Abbau globaler Ungleichgewichte dient - bitte schön, dann nehmen wir halt die D-Mark wieder.

Grund 4: Mehr Macht für Politiker

Eine eigene Währung ist ein hübsches Spielzeug, zumindest für die Regierenden. Man kann wunderbare Wahlkampfgeschenke versprechen, eine große Steuerreform zum Beispiel. Und wenn die Wähler dann nach dem Votum ihre Geschenke einfordern, dann kann man sie auch verteilen. Natürlich ist für so etwas kein Geld im Haushalt, aber dafür gibt es - sofern man über eine eigene Währung verfügt - ein hübsches Gegenmittel: die Notenpresse.

Dieser Artikel wurde übernommen ...

... aus der "Financial Times Deutschland".

Die wirft man einfach an, und schon lassen sich die vielen hübschen Wahlgeschenke bezahlen. Na schön, das heizt die Inflation an, aber auch dem kann man durchaus positive Seiten abgewinnen. Denn der deutsche Schuldenberg würde dadurch auch abschmelzen, was ja grundsätzlich nicht schlecht ist. Und daran, dass die Preise für Lebensmittel und Benzin und Plasmafernseher und so weiter steigen würden, daran würden wir Deutsche uns schon gewöhnen. Irgendwie. Oder so.

Grund 5: Klagen über die D-Mark-Preistreiberei

Es war ein beliebtes Spiel nach der Umstellung auf den Euro, und es ging über Jahre. Obwohl uns das Statistische Bundesamt immer wieder versicherte, dass durch die Euro-Umstellung keineswegs die Preise gestiegen waren, waren wir anderer Meinung. Die Privatempirie sagte uns schließlich etwas ganz anderes. Das Restaurant um die Ecke hatte doch, und da waren wir ganz sicher, die Umstellung von der D-Mark auf den Euro genutzt, um den Preis für das 0,5-Liter-Bier fast zu verdoppeln. Und wann immer wir dies Bekannten erzählten, konnten diese eigene Beispiele anführen, aus dem Supermarkt, aus dem Baumarkt etc. pp. Das sorgte für so viel Gesprächsstoff wie zuletzt nur die Abwrackprämie. So vertieft waren wir in die Frage, welchen Wagen wir mithilfe des Staatszuschusses erwerben wollten, dass wir die Weltwirtschaftskrise ganz vergessen haben. Wir brauchen wieder Gesprächsstoff, also eine Währungsumstellung. Ergo: Euro weg, D-Mark her! Oder ist uns das alles viel zu banal? Dann behalten wir besser den Euro.

P.S: Der Euro - macht er uns nur Ärger? Sollten wir vielleicht wirklich die D-Mark wiedereinführen? Oder ist der Euro das Einzige, was uns in der Krise retten kann? Diskutieren Sie mit auf der Facebook-Seite von stern.de.

FTD