Nach dem deutlichen "Nein" der Griechen zu den Sparvorgaben der internationalen Geldgeber steuert die EU auf neue Gespräche zur Lösung der Schuldenkrise zu. Führende EU-Politiker forderten die Regierung in Athen auf, frische Vorschläge vorzulegen. Bei der Volksabstimmung hatte eine klare Mehrheit der Griechen gegen die strikten Sparvorgaben der Gläubiger gestimmt. 61,31 Prozent der Wähler votierten mit "Nein", wie das Innenministerium in Athen am Montagfrüh mitteilte. 38,69 Prozent stimmten mit "Ja", wie es auf der Internetseite des Ministeriums weiter hieß.
EZB berät sich bereits am Montag
Am Montag telefonierte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker mit EU-Gipfelchef Donald Tusk, Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank EZB, Mario Draghi. Details zu dem Gespräch wurden bislang nicht bekannt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will am Montagabend in Paris mit dem französischen Präsidenten François Hollande über die Konsequenzen aus dem griechischem Referendum beraten. "Beide sind sich darin einig, dass das Votum der griechischen Bürger zu respektieren ist", teilte das Bundespresseamt dazu mit.
Der Rat der EZB wollte am Montag telefonisch über die Lage beraten.
Für Dienstag hat EU-Ratspräsident Tusk die Staats- und Regierungschefs der 19 Euro-Länder zu einem Sondergipfel nach Brüssel eingeladen. Vor dessen Beginn am Abend sollten sich die Euro-Finanzminister treffen.
Eurogruppenchef Dijsselbloem sprach von einem "sehr bedauerlichen
Ergebnis" des Referendums. "Wir werden nun auf Initiativen der griechischen Führung warten", sagte Dijsselbloem.
Griechenland fordert Zugeständnisse
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tspiras forderte nach dieser Bestätigung seiner Linie Zugeständnisse der Geldgeber. Sein Land sei zu Reformen bereit. Bilder eines historischen TagesDringend nötig seien aber Investitionen sowie die Umstrukturierung der Schulden, sagte Tsipras am Sonntagabend in einer Fernsehansprache. An seine Landsleute gewandt betonte Tsipras: "Das Mandat, das Sie mir erteilt haben, ruft nicht nach einem Bruch mit Europa, sondern verleiht mir eine größere Verhandlungsmacht."
Varoufakis tritt zurück
Sein Finanzminister Yanis Varoufakis hatte vor dem Referendum erklärt, er werde bei einem "Ja" der Griechen zu den Sparplänen zurücktreten. Nun gab er sein Amt auf, obwohl das "großartige Nein" der Bevölkerung den Kurs der Regierung unterstützte. Sein Rücktritt könne Regierungschef Tsipras möglicherweise helfen, eine Vereinbarung mit den Geldgebern zu erreichen. "Aus diesem Grund verlasse ich das Finanzministerium heute", erklärte Varoufakis. Der Grieche galt im Kreise der Euro-Finanzminister als isoliert.
Regierungschefs fordern neue Lösungsideen
Paris, Rom und Wien forderten von Athen fast wortgleich neue Ansätze zur Lösung der Krise. "Jetzt ist die griechische Regierung gefordert, Vorschläge zu machen, wie es weitergehen soll", sagte Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann. Der Sozialdemokrat betonte, man müsse
das Votum der Griechen respektieren. Der französische Finanzminister Michel Sapin signalisierte Bereitschaft, über eine Verminderung der griechischen Schuldenlast zu verhandeln. Zunächst sei aber Athen am Zug: "Es ist jetzt an der griechischen Regierung, Vorschläge zu machen", sagte Sapin am Montag.
Gabriel ist skeptisch
Der deutsche Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel äußerte sich skeptisch über weitere Gespräche. Gabriel sagte dem "Tagesspiegel", Tsipras habe "letzte Brücken eingerissen, über die Europa und Griechenland sich auf einen Kompromiss zubewegen konnten". Der slowakische Finanzminister Peter Kazimir warnte davor, dass Athen aufgrund des Referendums nun "leichter an Geld komme".