Im Internet fliegen bereits virtuell Flugzeuge vom Flughafen Berlin Brandenburg International in alle Welt - doch der erste echte Start eines Fliegers vom geplanten Großairport wird wohl noch eine Weile auf sich warten lassen. Denn erneut hat das ehrgeizige Prestigeprojekt einen Dämpfer erfahren: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig legte den geplanten Ausbau des ehemaligen DDR-Flughafens in Berlin-Schönefeld zum Interkontinentalairport vorerst auf Eis.
Die Richter in Leipzig gaben mit ihrem Beschluss dem Verlangen von Flughafen-Gegnern nach vorläufigem Rechtsschutz statt. Konkret bedeutet dies, dass geplante Baumaßnahmen nicht gestartet werden dürfen. Nach Ansicht der Richter wären die damit verbundenen Eingriffe in die Natur zu massiv, als dass man sie eventuell wieder rückgängig machen könnte.
Kein Urteil über Erfolgsaussichten der Klagen
Zwar stellte das Bundesgericht selbst ausdrücklich fest, dass mit dem positiven Bescheid zu den Eilanträgen der Flughafen-Gegner kein Urteil darüber gefallen ist, ob die 4000 vorliegenden Klagen Erfolg versprechen. Darüber wird erst im Hauptverfahren zu entscheiden sein. Einen Teilerfolg haben die Gegner des Flughafenausbaus aber auf jeden Fall bereits jetzt erzielt.
Es ist nicht der erste Rückschlag, den die Länder Berlin und Brandenburg sowie die Betreiber zu verkraften haben. Am Anfang stand nach der deutschen Wiedervereinigung der Wunsch nach einem großen Flughafen für Berlin. Nach längerer Diskussion über einen Standort fiel 1996 die Entscheidung zum Ausbau des früheren DDR-Zentralflughafens Schönefeld. Optimistisch hieß es damals, 2004 könnte der Neubau in Betrieb gehen, und dafür könnten die kleinen innerstädtischen Airports Tegel und Tempelhof geschlossen werden.
Privatisierung platzte
Wegen schon damals knapper Kassen in Berlin, Brandenburg und beim Bund entschlossen sich die beteiligten Regierungen zu einer ungewöhnlichen Variante. Erstmals sollte ein deutscher Passagierflugzeughafen unter privater Regie gebaut und danach auch betrieben werden. Zu diesem Zweck sollte die Flughafengesellschaft BBF, die alle drei Berliner Flughäfen betreibt und zu je 37 Prozent den Ländern Berlin und Brandenburg sowie zu 26 Prozent dem Bund gehört, an ein privates Unternehmen verkauft werden. Dieses hätte dann für alles Weitere bis hin zum Betrieb des neuen Airports sorgen sollen. Doch die Privatfinanzierung platzte.
Im Dezember vergangenen Jahres verkündete dann der Aufsichtsrat der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH, dass die Finanzierung des auf knapp zwei Milliarden Euro veranschlagten Großflughafens Berlin Brandenburg International stehe. Nach dem Scheitern der Privatisierungspläne habe man sich auf ein Konzept in staatlicher Regie geeinigt.
Die Parlamente müssen noch zustimmen
Wie der Aufsichtsratsvorsitzende, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, damals mitteilte, übernehmen die drei Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund zusammen 430 Millionen Euro, die ab 2005 bis zur geplanten Eröffnung 2010 fällig werden. Die Aufteilung erfolgt entsprechend den Gesellschafteranteilen: je 159 Millionen Euro entfallen auf Berlin und Brandenburg, die dafür noch die Zustimmung ihrer Parlamente brauchen, 112 Millionen Euro zahlt der Bund, der die Summe im Haushaltsplan bereits abgesichert hat. Rund 1,5 Milliarden Euro sollen teils aus Eigenmitteln der Flughafengesellschaft, teils über Bankkredite aufgebracht werden.
Eigentlich hätte nach dem Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau jetzt mit dem Bau begonnen werden sollen. Als erste Großmaßnahme war für den Januar kommenden Jahres der Baubeginn für einen unteririschen Flughafenbahnhof vorgesehen. Doch die Bundesverwaltungsrichter traten auf die Bremse: Es müsse verhindert werden, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor der Planfeststellungsbeschluss rechtskräftig sei. Gegen den wird jedoch geklagt, so dass er noch keine Rechtskraft hat. Normalerweise hätte dies nach dem Luftverkehrsgesetz keine aufschiebende Wirkung. Damit, dass sie den Eilanträgen der Flughafen-Gegner stattgaben, verhinderten die Bundesverwaltungsrichter jedoch den Baubeginn.
Entscheidung 2006
Man sei bemüht, über die aus den knapp 4000 vorliegenden Klagen auszuwählenden "Musterklagen" im Verlauf des ersten Halbjahres 2006 zu entscheiden, ließen die Richter wissen. Damit, so meinten sie, hielten sich mögliche Verzögerungen in Grenzen. In der Tat dürfte jetzt ein weiterer Zeitverzug wohl nicht mehr so dramatisch sein: Den ersten Planungen nach sollte der Airport eigentlich schon seit 2004 in Betrieb sein, später war die Rede von einem Betriebsbeginn 2007. Mittlerweile heißt es, dass die ersten Maschinen nach 2010 abheben sollen.