Anfällige Windräder treiben die Kosten für Versicherungsgesellschaften in Deutschland in Millionenhöhe. Rund 40 Millionen Euro mussten die Versicherungsgesellschaften im vergangenen Jahr an die Betreiber der mehr als 14.000 deutschen Windräder auszahlen, berichtete der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). "Zu 80 bis 90 Prozent sind es Fehler in der Elektronik, oder irgendein Sensor flippt aus", sagte der Präsident des Osnabrücker Bundesverbands Windenergie, Peter Ahmels. Totalschäden seien selten.
Für Versicherer wird es allerdings auch bei Kleinigkeiten teuer, denn sie müssen den Betreibern den Verdienstausfall bei Stillstand der Anlagen ersetzen. "Eigentlich sind Windräder nicht mehr versicherbar", sagte Hans-Peter Leßmann von den Westfälischen Provinzial-Versicherungen in Münster. Schwierigkeiten erwarten sowohl Versicherer als auch Betreiber, wenn die ersten so genannten Off-Shore-Windparks vor den Küsten entstehen. "Gut, dass wir damit noch nichts zu tun haben", sagte Leßmann. Sein Horrorszenario sei, dass die Anlagen bei rauer See ausfallen und wochenlang stillstehen, weil sie für Mechaniker nicht zu erreichen sind.
Schadenaufwand bei 150 Prozent
Zwischen 5000 und 12.000 Euro Versicherungsprämie pro Jahr zahlen Betreiber den Angaben zufolge für ein durchschnittliches Windrad mit 1,5 Megawatt Leistung. "Der durchschnittliche Schadenaufwand liegt bei 150 Prozent", erklärte Leßmann. Die Technik der Windräder sei nicht ausgereift, die Entwicklung schreite schnell voran. Es gebe kaum ein Windrad, das älter als fünf Jahre sei und noch keinen Versicherungsschaden hervorgerufen habe.
Windenergie entzweit die Gemüter
In die Debatte um Windenergie gesellt sich zur Euphorie neuerdings auch Streit unter Politikern, Experten und Anliegern. Protest gegen die als umweltfreundlich gepriesenen Windräder war in der Vergangenheit oft ungehört verhallt. Bis Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) die Subventionen für der Branche in Frage stellte. Um einen kleinen Teil des Stroms in Deutschland per Windenergie zu produzieren würden inzwischen fast eben so viele Subventionen gewährt wie für Steinkohle. Seitdem ist der Streit in der rot-grünen Koalition offen ausgebrochen. Außerdem häufen sich schlechte Unternehmensnachrichten: Hersteller nehmen ihre Ziele zurück und viele Investitionsfonds melden schwache Zahlen.
Kritiker fordern Entzug aller Subventionen
Der Windenergiekritiker Otfried Wolfrum ist mit der neuen Offenheit zufrieden. Endlich werde Kritik zur Kenntnis genommen. Der Geodäsie-Professor Wolfrum gehörte 1998 zu den Initiatoren des von mehr als 100 Wissenschaftlern unterzeichneten Darmstädter Manifests. Darin hieß es: "Wir fordern, dass der Windkraft alle direkten und indirekten Subventionen entzogen werden." Mit der Windenergie werde eine Technologie gefördert, "die für Energieversorgung, Ressourcenschonung und Klimaschutz völlig unbedeutend" ist. Heute sagt Wolfrum: "Daran hat sich nichts geändert."
Im Internet und in Leserbriefen artikuliert sich die Kritik seit Clements Vorstoß deutlicher als zuvor. So heißt es in einem Brief in der Zeitung 'Die Welt': "Windräder sind das augenfälligste Beispiel einer ideologischen Wirtschaftspolitik." Seit Jahren zahle der Verbraucher Milliarden Mark und Euro in eine Stromerzeugung, die völlig unwirtschaftlich sei. Ein Leser des 'Hamburger Abendblatts' schreibt, mit Windrädern könne kein herkömmliches Kraftwerk still gelegt werden, denn die Leistung müsse auch bei einer Flaute bereit stehen. Einen Arbeitsplatzgewinn gebe es nicht, denn es müssten die wegfallenden Arbeitsplätze wegen hoher Stromkosten gegengerechnet werden.
Befürworter hoffen auf Wettbewerbsfähigkeit in 2016
Befürworter des Windkraft heben dagegen im Internetforum des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien die nur geringen Mehrkosten für den alternativen Strom hervor: Die Gesamtbelastung durch das Erneuerbare Energien Gesetz betrage 0,35 Cent je Kilowattstunde. "Die Windenergie wird schon 2016 wettbewerbsfähig sein, also ab dann auch keiner neuen Förderungen mehr bedürfen."
Seit Jahren laufen Anliegerinitiativen Sturm gegen Windräder. Lärm und Schattenschlag schmälerten die Lebensqualität, argumentieren die Betroffenen. Die Gegner führen außerdem an, dass weiterhin konventionelle Kraftwerke "warm" bereit stehen müssen, um die vom Wind abhängigen Schwankungen der Stromproduktion auszugleichen und die Netzspannung zu gewährleisten, was zusätzliches Geld koste.
Der Bundesverband Windenergie hält keines der Argumente gegen die Windenergie für stichhaltig. Untersuchungen hätten eine hohe Akzeptanz der Anlagen ergeben. Selbst Touristen stören die Turbinen demnach nicht. Schattenwurf, Lärm und Lichtreflexe seien keine unangemessenen Beeinträchtigung. "Besichtigungstouren und 'Windmill Climbing' können das touristische Angebot sogar wesentlich bereichern", heißt es im Internetangebot des Bundesverbandes Windenergie.
Erster Off-Shore-Windpark vor Sylter Küste geplant
Befürworter und Gegner blicken - im Gegensatz zur Versicherungsbranche - gespannt auf den ersten Offshore-Windpark in Schleswig-Holstein, der mit 80 Anlagen und 240 Megawatt installierter Leistung vor der Sylter Küste gebaut werden soll. Die Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg hat die Planungen genehmigt. Auf Seiten der Kritiker stehen hier auch Naturschutzverbände, die Gefahren für die empfindliche Tierwelt der Nordsee sehen. Das Hamburger Verwaltungsgericht muss über Klagen gegen das Vorhaben entscheiden. Der BSH-Justiziar Christian Dahlke verweist auf die Umweltverträglichkeits-Prüfung. Eine Gefährdung zum Beispiel von Schweinswalen und Vögeln könne ausgeschlossen werden, sagt er.