Die Lufthansa lässt im Bieterrennen um die angeschlagene italienische Fluggesellschaft Alitalia dem Konkurrenten Air France den Vortritt. "Der Vorstand hat sich nach einer wirtschaftlichen Abwägung entschieden, nach den vorliegenden Erkenntnissen kein Angebot für Alitalia abzugeben", sagte ein Lufthansa-Sprecher am Donnerstag. Europas größte Fluggesellschaft Air France-KLM gab ein Angebot für die zum Kauf stehenden 49,9 Prozent ab. Zweiter Interessent ist die italienische Fluggesellschaft Air One.
Der Verzicht des deutschen Marktführers kam überraschend, nachdem es zuvor Signale für eine Offerte an die Italiener gegeben hatte. Noch am Vortag hatte Konzernchef Wolfgang Mayrhuber Unternehmenskreisen zufolge im Aufsichtsrat für einen Einstieg geworben, sofern sich die Konditionen in den Verhandlungen im Sinne Lufthansa beeinflussen ließen. Allerdings hätten nicht nur Arbeitnehmervertreter vor den Risiken gewarnt, sondern auch Aufsichtsratschef und Mayrhuber-Vorgänger Jürgen Weber, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person.
"Markt und Marke hätten gut zu Lufthansa gepasst. Aber es hätte angesichts der Risiken der Verlust unseres Investment-Grade-Ratings gedroht", erläuterte der Konzernsprecher die Entscheidung. Bei einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit durch die Ratingagenturen hätte das Unternehmen Kredite zu schlechteren Konditionen bekommen. Dies habe die Lufthansa mit Blick auf die anstehenden Investitionen für den Kauf neuer Flugzeuge nicht riskieren wollen. Lufthansa hat derzeit 170 Maschinen bestellt, deren Listenpreise sich auf 14 Milliarden Euro summieren.
Aktionäre erleichtert
Anleger quittierten den Verzicht auf einen Einstieg bei Alitalia mit Erleichterung. Die Lufthansa-Aktie gehörte mit einem Kursanstieg von rund drei Prozent auf 18,74 Euro zu den größten Gewinnern im Dax. Die Übernahme der seit Jahren defizitären Alitalia bedeutet nach Einschätzung von Branchenexperten für den Investor mittelfristig Milliardenausgaben, da über den Kaufpreis hinaus Kosten für die Sanierung sowie auch den Kauf neuer Flugzeuge anfallen.
Alitalia selbst wollte die Bieter im Laufe des Donnerstag bekanntgeben. In den vergangenen Monaten waren bereits etliche Interessenten abgesprungen. Air France-KLM galt schon in den vergangenen Tagen als Bieter. Einzelheiten über die Offerte wurden zunächst nicht bekannt. Von der italienischen Fluggesellschaft Air One wurde Kreisen zufolge ebenfalls noch im Laufe des Donnerstag ein Angebot zusammen mit der Bank Intesa SanPaolo erwartet.
Zu einem Bieterwettstreit zwischen den europäischen Marktführern Air France und Lufthansa könnte es dagegen bei der spanischen Iberia kommen, die ebenfalls zum Verkauf steht. Lufthansa-Chef Mayrhuber habe im Aufsichtsrat das Interesse an Iberia erneut bestätigt, aber erklärt, derzeit sei der Aktienkurs des Konkurrenten noch zu hoch für ein Angebot, hieß es am Donnerstag in Kreisen. Air France bekräftigte, das Interesse an Iberia bestehe auch nach der Offerte an Alitalia fort.