Bertelsmann wechselt seinen Chef aus. Hartmut Ostrowski räume seinen Posten an der Spitze des Gütersloher Unternehmens und wechsle in den Aufsichtsrat, teilte Europas größter Medienkonzern am Montag mit. Sein Nachfolger wird ab dem kommenden Jahr der bisherige Finanzchef Thomas Rabe. Bertelsmann betonte, der Wechsel erfolge "freundschaftlich und einvernehmlich".
Der Schritt kommt überraschend. Ostrowski steht seit 2008 an der Spitze des Familienkonzerns, sein Vertrag läuft bis Dezember 2012. Auf der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens im März hatte der 53-jährige durchblicken lassen, dass er sich noch einige Jahre an der Spitze vorstellen könne. Nun hieß es, Ostrowski wechsle "aus persönlichen Gründen" in den Aufsichtsrat.
Aus Unternehmenskreisen verlautete, Ostrowski sehe sich nach den kräftezehrenden Jahren an der Konzernspitze selbst nicht mehr im Besitz der nötigen Energie für eine zweite Amtszeit. Deshalb habe er Gesellschafter und Aufsichtsrat darüber in Kenntnis gesetzt, dass er für eine Verlängerung des Vertrages nicht mehr zur Verfügung stehe.
Ostrowski lenkte Bertelsmann durch schwere Zeiten
In der schillernden Medienbranche setzte sich Ostrowski mit seiner nüchternen Art ab. Der Westfale ließ den Managern der einzelnen Konzerntöchter große Freiheiten und konzentrierte sich auf die Strategie. Unter Ostrowski wagte Bertelsmann den Wiedereinstieg in das Musikgeschäft und schob seinen Buchclub auf das Abstellgleis. Der Manager, der nahezu sein ganzes Berufsleben bei Bertelsmann verbracht hat, führte die Entschuldung des Konzerns fort und stellte die Weichen für eine weitere Internationalisierung vor allem in den Schwellenländern.
Der Westfale hat bei Bertelsmann aber auch harte Zeiten erlebt: 2009 musste der Konzern wegen des Werbe- und Konjunktureinbruchs die Kosten um eine Milliarde Euro drücken, unter anderem durch den Abbau von 4000 Arbeitsplätzen. Dass das relativ geräuschlos von statten ging, war Ostrowski im Unternehmen hoch angerechnet worden. So lobte Bertelsmann-Aufsichtsratschef Gunter Thielen: Ostrowski habe "das Unternehmen in schweren Zeiten geführt".
Eines blieb ihm jedoch versagt: Seit Jahren träumt der Konzern vom Wiedereinstieg ins Bildungsgeschäft - bis auf ein paar kleine Übernahmen hat sich in dem nach Ansicht von Bertelsmann-Top-Managern zukunftsträchtigen Geschäft aber noch nicht viel getan.
Shooting-Star Rabe
In der Branche gilt es als offenes Geheimnis, dass Finanzvorstand Rabe selbst seit längerer Zeit einen Chefposten anstrebt - der von ProSiebenSat.1 wurde im vor drei Jahren schon angeboten. Da er jedoch mit den Zahlen und der Strategie des ProSieben-Rivalen RTL bestens vertraut war, ließ ihn Bertelsmann nicht ziehen. Die Eigentümerfamilie Mohn konnte den 45-Jährigen später endgültig zum Bleiben bewegen. Rabe hatte seinerzeit organisiert, dass Bertelsmann 2006 ein Börsengang erspart blieb, in dem der Konzern den belgischen Investor GBL für 4,5 Milliarden Euro herauskaufte.
Thielen wies dem Manager am Montag schon die weitere Marschrichtung: "Wir sind sicher, dass wir mit ihm einen Unternehmer an der Spitze haben, der weitere Impulse für die Wachstumsstrategie und die Weiterentwicklung von Bertelsmann setzen wird."
Bertelsmann beschäftigt 100.000 Menschen in rund 50 Ländern der Welt. Zu dem Konzern gehört nicht nur Europas größte Fernsehgruppe RTL und der Buchverlag Random House sondern auch Europas größter Zeitschriften-Verlag "Gruner + Jahr", zu dem wiederum stern.de gehört.