Unter anderem habe die deutsche Tochter des Schweizer Weltkonzerns allein in den ersten beiden Monaten diesen Jahres mehr als 2000 Ärzte für ein angebliches "Patienten-Screening" bezahlt. Wenn ein Arzt 20 Patienten meldete, die für den neuen Blutdrucksenker Exforge in Frage kommen, konnte er 330 Euro erhalten. Aus Emails von Novartis-Managern wird aber deutlich, dass das angebliche "Screening" vor allem den Umsatz ankurbeln sollte.
In einem anderen Fall lud Novartis im Juli mehrere Ärzte zu einer Fortbildungsveranstaltung ein, bei der der Vergnügungscharakter offensichtlich im Vordergrund stand. Obwohl dies nach dem Kodex der "Freiwilligen Selbstkontrolle Arzneimittelindustrie", den auch Novartis unterzeichnet hat, streng verboten ist, organisierte der Pharmakonzern für die Ärzte ein Rahmenprogramm mit Kahnfahrt im Spreewald, an dem selbst die Lebenspartner und Kinder der Mediziner teilnehmen konnten.
In einem weiteren Fall wurde mehr als tausend Medizinern jeweils 200 Euro Honorar dafür bezahlt, dass sie dem Pharmakonzern für ein angebliches "Experten-Interview" zur Verfügung stehen. Um sich für dieses "Interview" zu qualifizieren, musste der Arzt zuvor aber eine bestimmte Anzahl von Patienten auf ein Novartis-Präparat einstellen.
Zwischen 50 und 1000 Euro pro Patient gezahlt
Daneben zahlt Novartis für angebliche Medikamentenbeobachtungen an Ärzte zwischen 50 und 1000 Euro - pro Patient. 1000 Euro können die Ärzte bei Krebspatienten verdienen, die das teure Novartis-Präparat Glivec nehmen. Obwohl die Beobachtungen offiziell wissenschaftlicher Erkenntnis dienen sollen, werden sie intern vor allem zur Umsatzsteigerung eingesetzt, wie mehrere Emails von Novartis-Managern verraten.
Daneben verstößt Novartis offenbar gegen die Regeln für die Abgabe von Musterpackungen bei Ärzten. Offiziell dürfen pro Arzt nur zwei Packungen einer Präparats pro Jahr abgegeben werden. Novartis hat aber allein in den ersten beiden Monaten dieses Jahres so viele Exforge-Muster verteilt, dass rechnerisch jeder Arzt in Deutschland mit knapp drei Packungen versorgt werden konnte.
Der stern konfrontierte Novartis schriftlich mit den Recherchen. Das Unternehmen antwortete allerdings lediglich allgemein, sich an Recht und Gesetz zu halten und den Verhaltenskodex der Pharmaindustrie zu unterstützen.