Dr. Friedrich Blutner ist Nahrungsmittel-Sounddesigner im sächsischen Geyer. Seine Mitarbeiter im Institut für Psychoakustik mampfen und schlemmen im Dienst der Wissenschaft Eis, Chips und Kekse. Vornehme Zurückhaltung ist hier nicht gefragt: Die Forscher machen beim Essen ordentlich Lärm - sie wollen den richtigen Ton finden. Kleine Mikrofone in den Ohren nehmen die Kaugeräusche auf und übertragen sie auf den Computer.
Jeder Ton, der beim Abbeißen, Kauen oder Eingießen entsteht, wird kritisch überprüft. Prickelt das Mineralwasser rein und frisch? Klingen die Chips appetitlich und lecker? Fließt das Malzbier dunkel und voll? "Wir wissen inzwischen, dass diese Geräuschskomponenten den Geschmack maßgeblich beeinflussen. Ein Eis, das knusprig klingt, schmeckt besser als eins, das man gar nicht hört", sagt Blutner. Ziel ist eine "farbige, extrovertierte" Klangkulisse. Denn Geräusche machen Gefühle, und ein appetitlicher Sound macht Lust auf mehr. So sollen Verbraucher mit Hilfe des richtigen Klangs zum Kauf animiert werden.
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Die Natur als Vorbild
Gezielt eingesetzt hat die Industrie die Effekte von Geräuschen zuerst bei Autos und Haushaltsgeräten. "Dabei wird der richtige Klang umso wichtiger, je näher er an den Menschen kommt", sagt Blutner. So wird das Geräusch von Haarspray viel intensiver wahrgenommen als das von einem Motor. "Am intimsten aber ist das, was in unserer Mundhöhle passiert." Deshalb setzen mittlerweile auch die Lebensmittelhersteller auf die Klangforscher.
Als Vorbild dient den Sounddesignern oft die Natur. Vor allem im Wald finden sich Klangbilder, die man mit Reinheit und Gesundheit assoziiert. Bei den Konsumenten haben diese eine besonders große Akzeptanz. So soll ein sprudelndes Mineralwasser an die Frische eines Gebirgsbachs erinnern, ein prickelnder Prosecco an das Rauschen von Bäumen.
Neues Eis komponiert
Akustik-Experte Blutner hat nun Eis-Prototypen nach rein akustischen Maßstäben entwickelt. Das neue "Klang-Eis" soll die Beißer unter den Schleckermäulern ansprechen. Blutners Sound-Substanzen: Nüsse, Waffeln, Schokostreusel. Die Zutaten hat er nicht so sehr nach Geschmack, sondern vor allem nach dem Geräusch beim Kauen ausgewählt.
Seine Kompositionen sollen nämlich "nach Vitalität schmecken" und müssen deshalb crunchig und markant klingen. Tatsächlich haben erste Markforschungstests ergeben: Am besten kommt das Eis mit dem knusprigen Kern an - es hat den auffälligsten Sound.