Nach wochenlangen Streiks im öffentlichen Dienst der Kommunen stehen die Tarifparteien möglicherweise vor einem Durchbruch. In Baden-Württemberg nehmen zwei Schlichter heute ihre Arbeit auf. Bei den Verhandlungen für die 120.000 kommunalen Beschäftigten in Niedersachsen wird eine Einigung erwartet. "Es gibt in wesentlichen Positionen deutliche Annäherung", sagte Verdi-Landeschef Wolfgang Denia am Dienstagabend.
Ebenfalls am Dienstagabend hatten sich die beiden Tarifparteien im Südwesten auf den ehemaligen Chef der AOK-Baden-Württemberg, Roland Sing, und den früheren Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Baden- Württemberg, Claus Meissner, als Schlichter verständigt. Beide wollen sich am Mittwochmorgen zunächst in die Materie einarbeiten.
Hauptstreitpunkt Arbeitszeit
Für den Nachmittag sind erste Gespräche mit den jeweils fünfköpfigen Schlichtungskommissionen von Gewerkschaft und Arbeitgebern geplant. Der Kommunale Arbeitgeberverband fordert die 40-Stunden-Woche für die 220.000 Beschäftigten der Kommunen Baden- Württembergs. Die Gewerkschaft Verdi will dagegen die 38,5-Stunden- Woche erhalten.
In Niedersachsen wollen der Arbeitgeberverband und die Gewerkschaft Verdi am Mittag ihr Kompromissmodell erläutern. Hauptstreitpunkt ist auch hier die von den Arbeitgebern geforderte Verlängerung der Arbeitszeit. Nun deutet alles auf einen Kompromiss bei 39 Stunden hin. Für besonders harte Berufe etwa bei der Müllabfuhr soll es aber bei alten Arbeitszeit bleiben.
Keine Bewegung auf Länderebene
Auf Länderebene ist dagegen keine Bewegung im Tarifstreit in Sicht. Eine breite Front der unionsdominierten Länder ist gegen eine Schlichtung. Verdi-Chef Frank Bsirske ist für einen Vermittler. In zehn Bundesländern streikten nach ver.di-Angaben am Dienstag 30 000 Beschäftigte. In einigen Ländern sind die Ausstände in der sechsten Woche. Kernpunkt der Auseinandersetzungen ist die von den Arbeitgebern geforderte Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden.
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil forderte die Tarifpartner auf, sich rasch zu einigen oder aber einen Schlichter einsetzen. "Beide Seiten müssen Einigungswillen erkennen lassen. Beide Seiten müssen von den Bäumen runter, auf die sie geklettert sind", sagte Heil der "Mitteldeutschen Zeitung" Halle. Eine Liberalisierung des Arbeitsmarktes - wie von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vorgeschlagen - lehnte er ab: "Es gibt einige Dinge, die sind mit uns nicht zu machen."
In der Tarifauseinandersetzung um Beschäftigte beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zeichnete sich ebenfalls keine Lösung ab. Die Belegschaftsvertreter wollen 2,5 Prozent mehr Gehalt für die rund 850 Beschäftigten. Der DGB selbst will dagegen eine Nullrunde verordnen. "Dafür haben wir dem Gesamtbetriebsrat angeboten, auf Eingriffe beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu verzichten", sagte DGB-Personalchef Gunter Bambeck der "Berliner Zeitung"