Konsumfreudige Verbraucher haben der deutschen Wirtschaft im dritten Quartal trotz Schuldenkrise zu kräftigem Wachstum verholfen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Juli bis September um 0,5 Prozent zum Vorquartal zu, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag in einer ersten Schätzung mit. "Dazu trugen insbesondere die gestiegenen privaten Konsumausgaben bei", sagte ein Statistiker. Analysten der Banken hatten dieses Ergebnis vorausgesagt. Im Frühjahr fiel das Wachstum zudem stärker aus als bislang angenommen: Das Bundesamt korrigierte es von 0,1 auf 0,3 Prozent nach oben.
Allerdings droht Deutschland in den kommenden Monaten eine Flaute. Viele Experten befürchten eine stagnierende oder sogar schrumpfende Wirtschaftsleistung - etliche Verbraucher sind derselben Meinung. "Wir rechnen mit einer milden Rezession im Winter", sagte Christian Schulz von der Berenberg Bank. Wie lange sie dauern werde, hänge sehr stark von der Schuldenkrise ab. "Wenn sie sich weiter ausweitet und die anderen Euro-Länder noch mehr sparen, bekommen wir das als stark exportabhängiges Land zu spüren", sagte auch Citigroup-Ökonom Jürgen Michels.
Die Industrie spürt die Schuldenkrise und die weltweite Konjunkturabkühlung bereits: Sie erhielt zuletzt deutlich weniger Aufträge aus der Währungsunion, in die etwa 40 Prozent ihrer Ausfuhren gehen. Auch aus Übersee lässt die Nachfrage nach.
Unternehmen haben investiert
Für Schwung sorgten im vergangenen Sommer neben den konsumfreudigen Verbrauchern auch die Unternehmen, die wieder mehr in Maschinen, Fahrzeuge und andere Ausrüstungen investierten. Die Bauausgaben gingen dagegen nach dem starken Jahresbeginn etwas zurück. Da Exporte und Importe etwa gleich stark zulegten, hatte der Außenhandel "kaum messbare Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal", schrieben die Statistiker. "Trotz Gegenwind in den letzten Monaten - globale Abkühlung, Schuldenkrise in Europa und Marktturbulenzen - gibt es weiter Lebenszeichen der deutschen Wirtschaft", sagte UniCredit-Experte Andreas Rees. "Man sollte die deutsche Wirtschaft nicht unterschätzen."
Im Vergleich zu vielen anderen Euro-Ländern steht sie sehr gut da. Spaniens Wirtschaft stagnierte im Sommer, während die portugiesische sogar um 0,4 Prozent schrumpfte. Frankreich schaffte ein Plus von 0,4 Prozent. Im gesamten Euroraum wuchs die Wirtschaft im vergangenen Quartal - wie von Experten erwartet - nur noch minimal. Nach Berechnungen der europäischen Statistikbehörde Eurostat in Luxemburg stieg das BIP nur noch um 0,2 Prozent.
Im Vergleich mit dem Vorjahresquartal legte das Bruttoinlandsprodukt um kräftige 2,5 Prozent zu. Im Frühjahr waren es noch 3,0 Prozent. Bundesregierung, Forschungsinstitute und Wirtschaftsweise sagen für dieses Jahr ein Wachstum von rund drei Prozent voraus, erwarten 2012 aber nur noch rund ein Prozent.