Musik-Streamingdienst In Schweden gelingt es Kriminellen offenbar, über Spotify Geld zu waschen

Das Logo der Firma Spotify auf einem Smartphone-Display
Circa 70 Prozent aller Einnahmen von Spotify werden an diejenigen ausbezahlt, die die Musikrechte besitzen. Diesen Umstand sollen sich Kriminelle zu Nutzen gemacht haben.
© Monticello / Imago Images
Durch ein gut organisiertes Konstrukt von Künstlern, Cyberkriminellen und etlichen Helfern soll es mehreren Menschen aus der schwedischen Unterwelt gelungen sein, über den Musik-Streaming-Dienst Spotify große Summen Geld zu waschen.

Einem Bericht der Zeitschrift "Svenska Dagbladet" nach schaffen es organisierte Banden seit einigen Jahren, Geldwäsche im großen Stil unter Zuhilfenahme des Musik-Streamingdienstes Spotify zu betreiben.

Unter Geldwäsche versteht man in aller Regel den Akt, kriminell erworbenes Geld unbemerkt in den normalen, legalen Wirtschaftskreislauf zu schleusen. Dies kann unter anderem über Bareinzahlungen, den Erwerb hochwertiger Konsumgüter und Immobilien sowie über Scheingeschäfte und komplexe Überweisungsketten rund um die Welt geschehen. Für Terroristen und Mafia-Banden ist Geldwäsche immens wichtig, um illegale Gewinne zu reinvestieren oder zukünftige Aktionen vorbereiten zu können.

Spotify verteilt Geld mithilfe der "Streamshare-Methode"

Über eine sehr ausgefeilte Version von Geldwäsche wird derzeit in Schweden diskutiert, was auch mit der seit einigen Jahren zunehmenden Anzahl an Schießereien, Bombenanschlägen und Bandenkriminalität in dem Land zu tun haben soll.

Mit dem Anstieg an Delikten, speziell in Form von Raub, Betrug und Diebstahl, steigt auch für schwedische Kriminelle das Bedürfnis, die daraus erlangten Gelder zu waschen. Ein – im wahrsten Sinne naheliegender – Weg soll es daher seit mindestens 2019 sein, den in Schweden entstandenen Weltmarkt-Führer für Musik-Streaming für diesen Zweck einzuspannen.

Zunächst ein kurzer Blick darauf, wie Spotify funktioniert. Nutzer haben bei dem Dienst entweder kostenfreie Accounts, bei denen sich die abgespielte Musik mit Werbung abwechselt, oder sie haben kostenpflichtige, dann aber werbefreie, Accounts. Circa 70 Prozent aller Einnahmen von Spotify werden dann an diejenigen ausbezahlt, die die Musikrechte besitzen. Diese Geldmenge wird "Lizenzpool" genannt. Es gibt dabei keinen festen Betrag pro Stream. Stattdessen wird die Verteilung mithilfe der sogenannten "Streamshare"-Methode berechnet.

Bevorzugte Währung: Bitcoin

Vereinfacht ausgedrückt heißt dies, dass ein Rechteinhaber, der beispielsweise für ein Prozent aller Streams in einem Markt verantwortlich ist, Anspruch auf ein Prozent des Lizenzpools von Spotify aus demselben Markt habe, wie "Svenska Dagbladet" zusammenfasst. Um ein Gefühl für das Volumen zu erhalten: 2021 hat Spotify circa sieben Milliarden Dollar (etwa 6,5 Milliarden Euro) auf diesem Wege ausbezahlt.

Das Geldwäschemodell funktioniert nun, ausweislich mehrere anonymisierter Insider, die das "Svenska Dagbladet" interviewt hat, so: Der erste Schritt habe darin bestanden, die Erlöse aus Straftaten in die Kryptowährung Bitcoin umzuwandeln. Über Facebook-Gruppen seien hierfür Krypto-Händler kontaktiert worden, die Bargeld für ihre Dienste erhielten. Im nächsten Schritt wurde die Kryptowährung verwendet, um Leute zu bezahlen, die Spotify-Fake-Listen verkaufen – speziell programmierte Bots also, die simulieren, ein echter Kunde zu sein.

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Die Bots sorgten dafür, dass bestimmte Künstler in den oberen Regionen der Charts landeten, indem sie einen ihrer Song besonders häufig abriefen. Sobald die Künstler dann tatsächlich in den Charts auftauchten, stiegen auch die "echten" Abrufzahlen durch echte User, die erst durch den Charterfolg auf den Künstler aufmerksam wurden.

Neue Firmen durch sauberes Geld

Als die Hörerzahlen stiegen, stiegen logischerweise auch die Auszahlungen durch Spotify. Auf diesem Weg erfolgreiche Rapper – mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität – hätten in dieser Zeit dann zusätzlich damit begonnen, ihre eigenen Plattenfirmen zu gründen, in die dann wiederum die Erlöse geflossen seien.

Auf konkrete Anfragen der Nachrichtenagentur AFP zu den Geldwäschemöglichkeiten hat Spotify zwar nicht reagiert, die Firma ließ sich jedoch mit der Aussage zitieren, dass nur ein sehr geringer Teil aller Streams als fake eingestuft worden sei, nämlich weniger als ein Prozent.

Von konkreten polizeiliche Maßnahmen der schwedischen Polizei in diesem Zusammenhang wurde bislang noch nicht berichtet. Die Mutmaßungen über prominente beteiligte Künstler und das Ausmaß der bereits erfolgten Geldwäsche sind jedoch bereits – nicht nur in Schweden selbst – in vollem Gange.

km