WÄHRUNG Der Euro überflügelt den Dollar

Zum ersten Mal seit Februar 2000 wird der Euro höher notiert als der Dollar. Die Europäische Zentralbank legte den Referenzkurs am Nachmittag bei 1,0024 Dollar fest.

Der Kurs des Euro hat am Montag zum ersten Mal seit Februar 2000 wieder die Parität zum Dollar überschritten. Die europäische Gemeinschaftswährung kostete am Nachmittag in Frankfurt 1,0042 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte zuvor den Referenzkurs bei 1,0024 (Freitag: 0,9873) US-Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,9976 Euro.

Das hohe Leistungsbilanzdefizit in den USA und die anhaltende Verunsicherung über Unregelmäßigkeiten bei der Bilanzierungspraxis von US-Unternehmen haben den Euro nach Ansicht von Volkswirten über die psychologisch wichtige Parität getrieben.

»Das Vertrauen der Anleger in den USA ist sehr labil«, sagte Nikolaus Siegfried von der DekaBank. Weitere Bilanzunregelmäßigkeiten könnten den Dollar noch stärker unter Druck setzen. Bereits heute flössen beträchtliche Anlegergelder aus den USA ab. Dieser Strom dürfte bei einer anhaltend stabilen Verfassung des Euro über der Parität noch weiter anschwellen.

Dass der Euro gerade am Montag über diese wichtige Marke gestiegen ist, sei eine Nachwirkung auf den am Freitag deutlich gefallen Index für das Verbrauchervertrauen in den USA, sagte Chefvolkswirt Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank. Auch in den kommenden Tag seien für den Dollar keine positiven Nachrichten zu erwarten, sagte Hellmeyer. Die Rede von US-Notenbankchef Alan Greenspan am Dienstag dürfte wenig positives für die US-Wirtschaft und damit für den Dollar zu Tag fördern.

»Der Euro wird auf jeden Fall über der Parität bleiben«, erwartet daher Siegfried. Bis zum Ende des Jahres werde die Gemeinschaftswährung 1,05 bis 1,10 Dollar kosten. Sollte es zu einer Dollar-Krise kommen, könne der Euro bis auf einen Wert von 1,18 Dollar steigen, sagte Hellmeyer.

Für die deutsche Wirtschaft sei der hohe Euro-Kurs jedoch keine Gefahr, sagten Volkswirte. Der Höhenflug des Euro auf Parität zum US- Dollar hat nach Ansicht des Vizepräsidenten des Hamburgischen Welt- Wirtschafts-Archivs (HWWA), Hans-Eckart Scharrer, keine negativen Auswirkungen für die deutsche Exportwirtschaft. »Die Parität ist eine psychologisch wichtige Marke. Ökonomisch ist sie es nicht«, sagte Scharrer am Montag der Wirtschaftsnachrichtenagentur dpa-AFX. Mit der Parität könne die deutsche Wirtschaft »ganz gut leben«. »Der Euro befindet sich jetzt etwa in der Mitte zwischen seinem Höchst- und Tiefststand«, sagte Scharrer.

Am 4. Januar 1999 war der Euro mit 1,1797 Dollar in den ersten offiziellen Handelstag gestartet. Danach schwächte sich der Wechselkurs gegenüber dem Dollar kontinuierlich ab. Ende Januar 2000 kostete die europäische Gemeinschaftswährung mit 99,76 US-Cent erstmals weniger als einen Dollar. Am 26. Oktober 2000 legte die EZB den Referenzkurs mit 0,8252 (0,8307) Dollar so niedrig wie noch nie fest. In der Folgezeit stieg der Euro wieder leicht an, überschritt aber selten die Marke von 0,90 Dollar. Erst fünf Monate nach der Einführung des Euro-Bargeldes Anfang 2002 kündigte sich ein nachhaltiger Aufwärtstrend an.