Wie gnadenlos Wähler auf unangenehme Veränderungen beim Rentenalter reagieren können, weiß Dänemarks Ex-Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen spätestens seit seiner schweren Niederlage vor anderthalb Jahren. Beobachter attestierten als Ursache für die Abwahl nach neun Amtsjahren einhellig den Versuch des Sozialdemokraten, entgegen früheren Wahlversprechen den Wechsel ins Pensionsleben nach hinten zu schieben.
Im Juli kommt Alterssenkung
Dabei konnten sich die Dänen seit 1999 darauf freuen, dass das offizielle Rentenalter am 1. Juli 2004 von 67 auf 65 Jahre gesenkt wird. Aber da fast drei Viertel der Dänen deutlich vorher aus dem Arbeitsleben aussteigen, interessierte und empörte sie viel mehr, dass Rasmussen ihnen diverse Leistungen für die Frühverrentung strich, die er zuvor als Wahlkämpfer für "unantastbar" erklärt hatte.
Frühen Ausstieg "austreiben"
Sein rechtsliberaler Nachfolger Anders Fogh Rasmussen hält an dem Versuch fest, 55 bis 65-Jährigen den vorzeitigen Ausstieg aus dem Arbeitsleben möglichst diskret "auszutreiben". Als Gegenleistung lockt der Staat mit der Vorverlegung des gesetzlichen Rentenalters im nächsten Jahr. Es bedeutet vor allem Anspruch auf die für alle Dänen ohne Rücksicht auf Erwerbstätigkeit oder Versicherungszahlungen gleiche "Folkepension".
Warnungen werden überhört
Banken, Wirtschaftsverbände und junge Politiker warnen regelmäßig, dass dieses System wegen zunehmender Überalterung irgendwann zusammenbrechen wird, weil 2025 auf einen dänischen Rentner nur noch drei Erwerbstätige kommen werden. Ihre Mahnungen verklingen meist ungehört, weil die "große" Rentendebatte dänischen Spitzenpolitikern in den großen Parteien zu gefährlich erscheint.
Frankreich hat die gleichen Probleme
Auch in Frankreich wird heftig um eine Reform gestritten, die wie in Deutschland auf eine verlängerte Arbeitszeit und einen niedrigeren Rentenanspruch hinausläuft. Bisher können Franzosen mit 60 Jahren in Rente gehen - bei zahlreichen Ausnahmen je nach Berufszweig.
Zu viele Ausnahmen
So gibt es bei Armee, Feuerwehr und Bahn den Ruhestand bereits ab 50 oder 55 Jahren. In der öffentlichen Verwaltung musste bisher 37,5 Jahre in die Rentenkassen eingezahlt werden, um den vollen Satz von etwa 75 Prozent der letzten Bezüge zu bekommen. In der Privatwirtschaft sind es 40 Jahre. Ausgezahlt werden da 50 Prozent des durchschnittlichen Jahresgehalts auf der Grundlage der 25 besten Beitragsjahre.
Anpassung der Sonderregelungen ab 2008
Nach der geplanten Reform soll von 2008 an die Dauer der Rentenzahlungen für Angestellte und Beamte im öffentlichen Bereich an die Privatwirtschaft angepasst und auf 40 Jahre angehoben werden, um auf den Höchstsatz zu kommen. Stufenweise soll ab 2012 die Dauer auf 41 Jahre und ab 2020 auf 42 Jahre angehoben werden, um insgesamt etwa zwei Drittel des vorherigen Einkommens zu bekommen. Die Gewerkschaften laufen Sturm gegen die Reformpläne und haben für den 13. Mai zu einem Generalstreik im öffentlichen Dienst aufgerufen.
Auch hier: Private Rentenvorsorge
Um das Loch in den Rentenkassen zu stopfen, braucht die Regierung in Paris bis 2020 etwa 50 Milliarden Euro. Über eine private Renten-Vorsorge durch Pensionsfonds nach amerikanischem Muster, die noch vor einem Jahr ein Tabu-Thema war, wird nun immer häufiger diskutiert. Auch der Gedanke einer längeren Beschäftigung von "Senioren" in Betrieben findet langsam Verbreitung. Heute kommen in Frankreich auf zehn Berufstätige bereits vier Rentner, 2040 werden es sieben sein.