Gesundheitssektor Wachsende Mehrheit für durchgreifende Gesundheitsreform

Eine wachsende Mehrheit der Bundesbürger fordert eine durchgreifende Gesundheitsreform - allerdings würden nur 14 Prozent dafür höhere Kassenbeiträge in Kauf nehmen.

Nach Ansicht von rund 76 Prozent der Deutschen müssen sich die gesetzlichen Krankenkassen «auf die wesentlichen und absolut notwendigen Leistungen konzentrieren», ergab eine Emnid-Umfrage im Auftrag des Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller (VFA), die am Donnerstag in Berlin veröffentlicht wurde.

Steuerfinanzierte Lösung vorn

Höhere Zuzahlungen der Versicherten befürworteten allerdings nur 27 Prozent und nur 14 Prozent würden höhere Beiträge hinnehmen. Jedoch votierten 76 Prozent der Befragten dafür, den sozialen Ausgleich zur Förderung der Familien nicht mehr über Krankenkassen, sondern aus Steuern zu finanzieren.

Mehrheit wächst

Nach der Repräsentativ-Umfrage unter 1.917 Personen plädierten Anfang März 59 Prozent für grundlegende Veränderungen im Gesundheitswesen, im August 2002 waren es erst 52 Prozent. 39 Prozent halten derzeit kleinere Veränderungen für ausreichend. In Ostdeutschland und bei Personen der Altersgruppe ab 60 Jahren war die Bereitschaft zu grundlegenden Reformen mit 50 bzw. 49 Prozent schwächer ausgeprägt.

Mehr Wettbewerb zwischen den Kassen

Je 76 Prozent votierten für mehr Wettbewerb zwischen den Kassen und dafür, dass sich Versicherte ihr Leistungspaket bei den gesetzlichen Krankenkassen selbst gestalten können. Zusatzversicherungen für Zusatzleistungen sollten nach Ansicht von 81 Prozent nicht nur bei der Privatversicherung sondern auch bei gesetzlichen Kassen möglich sein. Die Rückerstattung von Beiträgen, wenn keine Leistungen in Anspruch genommen wurden, befürworteten 76 Prozent.

Selbstbehalt nicht besonders beliebt

Nur 55 Prozent wünschten sich die Möglichkeit eines reduzierten Beitragssatzes mit gleichzeitiger Verpflichtung, einen begrenzten Teil der Kosten - zum Beispiel für Arztbesuch, Medikamente, Kuren, Heil- oder Hilfsmittel - selbst zu tragen. In diesem Punkt unterschieden sich die Versicherten der gesetzlichen Kassen deutlich von den Privatversicherten. Mitglieder von Privatkassen wünschten eine solche Wahlmöglichkeit zu 75 Prozent, Versicherte der gesetzlichen Kassen zu 52 Prozent.

Neues Modell für Senkung der Arzneikosten

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) schlug unterdessen ein neues Modell für die Finanzierung der Arzneikosten vor. Für jede Medikamentengruppe solle ein Höchstpreis festgelegt werden, den die Krankenkassen den Versicherten komplett bezahlen. Entscheide sich der Patient für ein teureres Medikament, müsse er die Differenz selbst bezahlen.