Millionen Versicherungsnehmer sollen mehr Rechte bekommen. Das ist das Ziel einer Reform des Versicherungsvertragsgesetzes, die Anfang 2008 in Kraft treten soll. Nach den von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgestellten Eckpunkten, können vor allem Inhaber von Lebensversicherungen günstigere Bedingungen erwarten. So sollen sie an stillen Reserven der Unternehmen ohne Zeitverzug beteiligt werden.
Bei allen Pflichtversicherungen können Ansprüche künftig direkt beim Versicherer angemeldet werden. Wenn beispielsweise ein Rechtsanwalt einen Fehler macht und sein Mandant einen Schadenersatzprozess verliert, kann dieser künftig direkt die Berufshaftpflichtversicherung des Anwalts auf Schadenersatz verklagen.
Die Versicherungswirtschaft äußerte sich zurückhaltend. Sie will am 1. März ein eigenes Konzept vorlegen. Ihr Verband GDV kündigte an, die Gesetzgebung "kritisch zu begleiten". Für die Überschussbeteiligung, die Berechnung des Rückkaufswerts und vor allem die Informationspflichten werde die Branche eigene Regelungen vorschlagen.
Verbraucherschützer und der Deutsche Anwaltverein begrüßten die Vorschläge. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber in einem Urteil vom Juli 2005 aufgefordert, mehr Transparenz und Berechenbarkeit zu schaffen.
Die Neufassung des fast 100 Jahre alten Gesetzes soll auch für laufende Versicherungsverträge gelten. "Versicherte werden durch das neue Versicherungsvertragsgesetz deutlich besser gestellt", versprach die Ministerin. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen lobte, Über-, Unter- und Fehlversicherungen der Bundesbürger "könnten bald ein Ende haben".
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Beratung
Rechtzeitig vor Vertragsschluss müssen die Verbraucher alle wesentlichen Informationen erhalten. Das Beratungsgespräch muss dokumentiert werden. Verletzen Versicherungen oder Vermittler ihre Beratungspflicht, müssen sie Schadenersatz zahlen.
Anzeigepflicht
Der Versicherte muss künftig nur die Angaben machen, nach denen der Versicherer schriftlich gefragt hat.
Widerrufsrecht
Für alle Versicherungsverträge gilt künftig ein Widerrufsrecht von zwei Wochen. Bei Lebensversicherungen kann man sogar innerhalb von 30 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen.
Kündigung
Bei Kündigungen sollen Versicherte ihre Prämien nur noch bis zum Zeitpunkt des Vertragsendes zahlen und nicht mehr bis zum Jahresende wie bisher. Die bisherige Klagefrist von sechs Monaten soll entfallen. Bundesjustizministerin Zypries erhofft sich davon weniger gerichtliche Auseinandersetzungen, weil der zeitliche Druck auf den potenziellen Kläger genommen wird.
Auch die Kündigung von Lebensversicherungen soll in den ersten Jahren erleichtert werden. Bislang erhält ein Versicherter bei einer Kündigung nach einem Jahr seine eingezahlten Beiträge meist nicht zurück, weil die Versicherung diese mit ihren so genannten Abschlusskosten verrechnet. Künftig dürfen diese Kosten nicht mehr voll nach einem Jahr erhoben, sondern müssen auf fünf Jahre verteilt werden. Dadurch würde ein Versicherungsnehmer bei Kündigung nach einem Jahr nun zumindest einen Teil seiner Prämien zurückerhalten.
Fahrlässigkeit
Die strikte Regelung ("Alles-oder-nichts-Prinzip"), wonach ein Versicherter zum Beispiel den Schutz seiner Hausratsversicherung total verliert, wenn er nicht die Einrüstung seines Hauses meldet, soll ebenfalls geändert werden. Die Entschädigungsansprüche des Versicherten bemessen sich dann daran, wie stark sein Verschulden wiegt.
Überschuss bei Lebensversicherungen
Jahrelanger Streitpunkt zwischen Verbraucherschützern und Versicherungen war die Frage, ob Versicherte auch dann an Gewinnen der Unternehmen beteiligt werden sollen, wenn diese in so genannten stillen Reserven geparkt werden. Wenn sich diese Summe aus den Beiträgen der Versicherten speist, soll künftig die Hälfte sofort auf ihren Konten gut geschrieben werden. Das kann - je nach Unternehmen und Vertrag - einige hundert Euro im Jahr ausmachen, hieß es.