SCHEIBES KOLUMNE Saure-Gurken-Zeit

Das gab es ja noch nie: Jedes PC-Thema, an das ich denke, ist tot, ausgelutscht und völlig out. Die Szene steht still und der Kunde kauft eh nix mehr. Das Problem: Journalisten, denen nix einfällt, die verkaufen auch nix.

Das gab es ja noch nie: Mir fällt nix mehr ein. Jedes PC-Thema, an das ich denke, ist tot, ausgelutscht und völlig out. Die Szene steht still und der Kunde kauft eh nix mehr. Das Problem: Journalisten, denen nix einfällt, die verkaufen auch nix.

Es hätte mir zu denken geben müssen. Gleich zwei Software-Verlage teilten mir jüngst am Telefon mit, dass sie ja ganz schön schlecht verkaufen in den letzten Monaten. Misstrauische Naturen sehen da schnell den Pleitegeier über dem Unternehmen kreisen. Denn: Bevor jemand überhaupt zugibt, dass nicht alles supertoll zum Besten steht, muss er schon ganz schön tief im Keller stehen. Ich denke mir, arme Kerle sind das, aber was geht es mich an?

Bis ich mal wieder die Ochsentour mache und mich bei den Zeitschriften-Verlagen melde. Hallo, lange nichts voneinander gehört, was machen die Kinder und braucht ihr vielleicht irgendwas? Ich kriege tatsächlich den Blankoscheck ausgestellt: Ja, nenn uns ein tolles Thema, und du kannst sogar ein ganzes Sonderheft dazu machen. Oh, super.

Privatuser halten ihr Geld zusammen

Wie wäre es denn mit einer Software-Sammlung so für den Privatbereich? Eben was für den Heimanwender, der seinen PC jetzt nutzen möchte, um Briefmarken zu sammeln, Pflanzen zu züchten oder Stickmuster zu planen. Schweigen am anderen Ende der Leitung. Ob ich denn nicht wüsste, dass alles Privatanwenderzeugs schwerer als Blei in den Regalen liegt. Uiuiui, der Verlag könnte da miese Zahlen verraten, wenn er nur wollte. Will er aber nicht. Der Mann am Telefon sagt nur, dass die Privaten ihr Geld derzeit beisammen halten und anscheinend den PC nur benutzen, um mit Microsoft Office zu arbeiten. Und mit nix anderem.

Ich wage den nächsten Schuss ins Blaue. Finanzen wäre doch ganz toll so als Thema. So ein Heft über das Spekulieren im Internet. Über neue Börsen-Software. Und über Ratgeber, die einem ein optimales Sparprogramm für die Rente zusammenstellen. Da würde es vor allem in der Shareware-Szene ausreichend deutsche Programme geben, um gleich mehrere CD-ROMs zu füllen. Ich frage am Telefon nach, ob sich der Verlag zwei Heft-CDs leisten kann, da fällt mir wieder die Schweigeminute ein. Kein gutes Thema? Mit Grabesstimme wird mir beschieden, dass der Verlag das Thema schon einmal aufgegriffen hat. Die Verantwortlichen tragen noch immer Schwarz. Solange die Börse blutet, klebt anscheinend ein ekliger Ausschlag auf der Finanz-Software. Bloß nicht anpacken.

MP3? Zu ausgelutscht. CD-Brennen? Auch

Kein Problem. Ich mach das ja schon ein paar Jahre, da fällt mir sicherlich noch etwas Neues ein. MP3? Zu ausgelutscht, höre ich. Selbst CDs brennen? Ein Superthema, aber bereits zu oft gebracht. Kostenlose Software oder Vollversionen? Auf jeder billigen Heft-CD zu finden. Die Grundausstattung für den PC? Vergiss es, hat doch jeder schon. Kostenlose Werbespiele? Gibt doch keiner Geld für etwas aus, dass es eh umsonst gibt. Tipps und Tricks zu Office? Hat jeder schon. Die besten Bildschirmschoner? Braucht kein Mensch. Computer und Studium? Studenten haben doch überhaupt kein Geld.

Ich gebe japsend auf. Ja, gibt es denn gar nichts Neues? Nachdem ich aufgelegt habe, fällt es mir auf. Es gibt wirklich nicht viel Neues. Bewegung gibt es derzeit nur an der Raubkopierer-Front. Hier gibt es tausend kleine Neuigkeiten zum Cracken von DVD-Filmen und zum Tauschen von MP3-Songs. Aber außerhalb: alles nur Standardware. Ein neuer WinZip-Klon ist da schon das Spannendste. Schade. Ich glaube, ich nehme mir heute mal wieder ein gutes Buch vor, gehe früh schlafen und schau morgen nach, ob irgendeinem PC-Freak nicht vielleicht ein neuer Trend eingefallen ist.

Carsten Scheibe

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