NEULICH IM NETZ Endlich: Schweizer gründen Online-Gewerkschaft

Von wegen gemächliche Schweizer: Jetzt gründen sie die erste Online-Gewerkschaft der Welt: »//syndikat«. Der Name bedeutet nichts anderes als »geschäftlich getarnte Verbrecherorganisation in den USA«. Sagt der Duden. Die Schweizer: als Käsebohrer getarnte Amerikaner?

Von wegen gemächliche Schweizer: Jetzt haben die Eidgenossen die Cyber-Nase vorne und gründen die erste Online-Gewerkschaft der Welt: »/syndikat«. Das kann ja heiter werden. Denn der Name bedeutet nichts anderes als »geschäftlich getarnte Verbrecherorganisation in den USA«. Sagt der Duden. Die Schweizer: als Käsebohrer getarnte Amerikaner?

Das dürfte kaum mit dem Neutralitätsgebot der Eidgenossen vereinbar sein. Schließlich schießen die ja nur auf ihre eigenen Abgeordneten (wenn verwirrt) oder Äpfel (wenn gezwungen). Ansonsten stehen sie als Teletubbies-Polizei mit Hellebarden und lustigen Hosen auf dem Petersplatz rum oder fahren mit blitzsauberen Tarn-Fahrrädern durch ihr zugegebenermaßen wunderschönes Land.

Warum steht das K auf dem Kopf?

Sollte //syndikat also kein US-Club für Kriminelle sein, werfen sich völlig neue Fragen auf. Zum Beispiel, warum in dem Signet das »k« von »syndikat« auf dem Kopf steht. Wollen sie damit dem Papst beweisen, dass Galilei doch Recht hatte, sich die Erde um die Sonne dreht und kein Mensch von der Erde fällt, wenn sie rund sein sollte? Ebenfalls fragwürdig: Warum matschgrüne Schrift auf grauem Grund? Das liest sich nicht so gut und sieht obendrein wenig appetitlich aus. Das wäre zweifelsohne eine Diskussion im Schandturm für Art-Direktoren wert, gehört aber nicht hierher.

Ob es hingegen überhaupt eine Gewerkschaft für die Online-Branche braucht? Der DGB glaubt das. Erinnern Sie sich noch an den Kinowerbespot, wo der mutmaßlich 24-jährige Boss in der mordsmäßig relaxten Hip-Agentur unter donnernden Hop-Beatz der endgeilen Blondie vom Creative Project Development freundlich erläutert, ihre Dienste nicht mehr zu benötigen. Klare Sache, Arbeitnehmerschutz muss sein. Wenn's mal läuft, will //syndikat auch Maßnahmen durchsetzen können und online Urabstimmungen durchziehen. Was freu ich mich auf die ersten Bilder, wenn bei Bluewin, der eidgenössischen T-Online, die Content People mit übergestülpten Plastiksäcken sitzen, auf denen »Wir Streiken!« steht - und dann noch auf Französisch, Rätoromanisch und schlechtem Italienisch. Vielleicht machen sie aber auch Bummelstreik und verschicken maximal fünf Mails pro Tag. Alle Stunde schaut dann der Kreisleiter Zürich vorbei und bringt den Streikposten Stärkung: heiße Schokolade aus Patriotismus, englische Kekse aus Eisenbahner-Streikkassenrestbeständen und feurigen Wodka aus Solidarität zu den Kumpels in der Ukraine.

»Das meiste läuft übers Netz, der Rest online«

Nicht auszudenken, wenn sich ebendiese Kumpels erst mit den braven Schweizern solidarisieren und in einem Kreuzzug für Mindestlöhne und E-Betriebsrat die Errungenschaften des Calvinismus mit einem Hammerschlag zerschmettern. Langsam, langsam. So weit ist es noch nicht. //syndikat ist ja erst im Januar mit 200 Gründungsmitgliedern gestartet. Und was wollen sie? Sie wollen in windigen Zeiten die Interessen der Arbeitnehmer und Freien Mitarbeiter schützen, Informationen bieten, zum Beispiel über das Recht der Chefs, E-Mails mitzulesen - oder auch nicht. Klar, dass eine Online-Gewerkschaft da auf moderne Technologien setzt. Oder nicht? Zitat: »Soviel wie möglich soll bei //syndikat über das Netz laufen. Alles andere läuft online.«

Guido Augustin

H&A medien

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