Persönlichkeitstest "imagini" Bilderwelten mit Geschmäckle

  • von Matthias Lauerer
"Klicke auf Bilder, und ich sage Dir, wer Du bist" - nach diesem Prinzip funktionieren die Persönlichkeitstests auf der Website "imagini.net". Eine gut gemachte, interessante und kostenlose Spielerei - mit einem knallharten wirtschaftlichen Hintergrund.

Egal, ob in General-Interest-Zeitschriften oder Frauenmagazinen, überall lauern sie und warten nur darauf, schnell ausgefüllt zu werden: Persönlichkeitstests. Nun wird das Spektrum um ein wirklich pfiffiges Exemplar im Netz ergänzt. Wer sich im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild von sich selbst machen möchte, der versucht es auf der Seite www.imagini.net. Auch der Autor dieses Textes wollte es genauer wissen und machte sich mit ein paar Klicks auf die Suche nach dem "Ich". Doch Vorsicht, hinter imagini verbirgt sich noch mehr.

Aufgeräumt und klar strukturiert kommt die Seite daher. Zwischen drei Optionen können Besucher wählen, um mehr über sich zu erfahren. Klickt man auf den linken der drei großen, roten Buttons, so lassen sich die eigenen Träume mittels Bildern interpretieren. Auf Start geklickt, und schon geht es los: Wo möchtest Du aufwachen? Immer 15 Bilder stehen pro Frage zur Auswahl. Ich entscheide mich für die Hängematte, danach bei der Partyfrage für die eher wilde Feier oben links. Nun folgen Fragen nach gewünschten Superkräften, Urlaubsorten und Fragen was einem im Leben fehlt. Besonders spannend auch die Frage nach dem Lieblingszeitalter, in das man gerne einmal reisen würde. Ich klicke auf das Bild mit den Hippies, wobei es das Mittelalter oder die Zeit der Pharaonen und Pyramiden auch getan hätten. Nach elf Fragen muss ich noch Alter, Geschlecht und Herkunftsland eingeben. Dann kommt die Antwort vom Server. Meine "Visual DNA" wurde berechnet und das nach denn bislang angeblich vier Millionen Besuchern vor mir, die diesen Test bereits einmal mitgemacht haben. Dann das Ergebnis: Ich "matche" zu 70 Prozent mit einer Nutzerin namens "djanimosity". Wie sie wohl aussieht? Hingeklickt. Auf ihrer Seite begrüßt mich ein Bild aus Stanley Kubricks Klassiker "A Clockwork Orange." Danke, ich muss weg. Immerhin stehen meine Wünsche nun in Textform mitten auf der Seite und ja, ich kann gut damit leben.

Nun wird es Zeit für den Test Nummer zwei. Ich will wissen, wie es um meine "Personality steht. Mit dem mittleren Button auf der Startseite beginnt der Test. Was ist für mich Kunst? Wie erlebe ich Musik? Meine Entspannungstherapie? Die Fragen sind durchweg interessant, witzig und schön bebildert. Gut auch: Was ist für mich Freiheit? Ein Bündel Bares sicher nicht, ein Bücherregal? Nein, aber der endlose Highway ist's! Die "Visual DNA" berichtet auf der nächsten Seite: "Ich liebe das Exotische." Aha. Und bin ein "High Time Roller." Oha! Hab ich's doch gewusst. Wenn ich jetzt noch erfahren will, auf welchem Planeten ich bin, dann drücke ich Knopf Nummer drei und lande sofort bei "Facebook." Clever gemacht.

Wie seriös ist das Ganze?

Doch was kann man nun von solchen Tests halten? Nur ein Spaß, grober Unfug, netter Zeitvertreib, oder doch eher gefährlich, weil labile Charaktere dem Test zu viel Glauben schenken könnten?

An der Dortmunder Universität beschäftigt man sich im Fachbereich 14 seit Jahrzehnten mit differentieller und Persönlichkeits-Psychologie. Dort forscht Professor Frank Lasogga, 56, unter anderem an verhaltensrelevanten und individuellen Besonderheiten des Menschen. Und sagt über den Test: "Diese Tests sind überhaupt nicht treffsicher oder valide." Und weiter: "Es dauert fünf bis sechs Jahre, um einen wirklich treffsicheren Test zu entwerfen." Dann fügt der Wissenschaftler noch im Scherz hinzu: "Wenn Sie mir 20.000 Euro geben, dann mache ich Ihnen so einen Test bis morgen Abend!"

Werbezielgruppen ausspähen

Doch wer steckt hinter der Seite? Das britische Unternehmen "Imagini Holdings Ltd." mit Sitz in London bietet die Bilder-Tests an. Weiter interessant: Die Firma meldete ihre Idee am 14. September 2006 der "World Intellectual Property Organisation" (Wipo) in Genf. Die Wipo ist eine Sektion der Vereinten Nationen und kümmert sich seit 40 Jahren um den weltweiten Schutz und die geeignete Gesetzgebung zum Schutz geistigen Eigentums. Wenn man sich dann durch die Akte "WO/2007/035412" klickt, stößt man schnell auf die wahren und knallharten wirtschaftlichen Hintergründe für die nette Internet-Spielerei. Da heißt es zum Beispiel im Unterpunkt 15: "Dieses System bietet die Möglichkeit einer Vor-Analyse für Unternehmen, um ihnen so einen Wegweiser für die gewünschte Zielgruppe an die Hand zu geben." Ein Beispiel wird auch genannt: "Ein Schokoladenhersteller, der sich die Gruppe der 15- bis 28-Jährigen vorgenommen hat, kann damit sehen, welches Bild von den Usern am meisten angenommen wird." Dieses ließe sich dann in der "Farbe für die Verpackung und das Bild für die Werbe-Kampagne nutzen." Das Unternehmen, so steht es weiter unten, kann sich also später ansehen, auf welches der Motive die Konsumenten am besten reagieren. Dreistes Profiling, also das Erstellen von Profilen der Nutzer mit ihren Vorlieben und Gewohnheiten - das betreibt man hier bislang ganz unerkannt.

Spricht man Psychologie-Professor Lasogga auf diesen Hintergrund an, sind seine Worte deutlich: "Moralisch bedenklich ist es, wenn auf diesem Wege Werbung gemacht werden soll." Werbung, über die der vertrauensselige User im Netz kein Wort erfährt.

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