Für US-Präsident Bush war 2006 das schlimmste Jahr seiner Amtszeit. Es verging kaum ein Tag ohne verheerende Anschläge im Irak. Der frühere Verteidigungsminister Colin Powell und eine Reihe hochrangiger Militärs sagen mittlerweile offen, die Schlacht sei nicht mehr zu gewinnen. Auch Bush, der bislang keine Zweifel an der "Strategie des Sieges" zuließ, muss inzwischen eingestehen, "dass die Dinge schlecht laufen".
Der Krieg im Irak droht nicht nur zu einem zweiten Vietnam für Amerika zu werden, sondern die gesamte Region ins Chaos zu ziehen. Ein Sieger steht dabei schon fest: der Iran. Er etabliert sich als regionale Großmacht, deren Präsident unverhohlen nach der Atombombe greift und die Vereinten Nationen verhöhnt.
Die Neokonservativen in Amerika hatten den Marsch auf Bagdad als "Spaziergang" verkauft. Mit der Befreiung des Irak, so ihr Kalkül, sollte die Demokratisierung des gesamten Nahen Ostens eingeleitet werden, eine Epoche der Freiheit beginnen - ganz im Sinne amerikanischer Interessen. Nun setzen sich die Propagandisten des Krieges ab. Es hagelt Rechtfertigungen und Entschuldigungen: Der Krieg sei katastrophal vorbereitet worden, eine Nachkriegsplanung habe nicht existiert, der Präsident habe Wahrheiten nicht hören wollen oder verdrängt.
Fast 3000 US-Soldaten ließen bislang im Irak ihr Leben. Mehr als 22 000 kehrten als Verwundete heim, viele von ihnen als Schwerbehinderte. Der New Yorker stern-Korrespondent Jan Christoph Wiechmann erzählt ab Seite 50 die Geschichte des Marines Ty Ziegel, der nach 40 Operationen und anderthalb Jahren im Krankenhaus zurückkehrt in sein Heimatdorf in Illinois. Er verlor bei einem Anschlag im Irak sein halbes Gesicht, seinen linken Unterarm, drei Finger seiner rechten Hand. Und doch würde der Marine jederzeit zurückgehen. Wie sein unverbesserlicher Präsident schwört er: We will prevail. Wir werden siegen.
Neben unseren "Bildern des Jahres" finden Sie in dieser Ausgabe viele Geschichten über außergewöhnliche Menschen, die das Jahr 2006 geprägt haben: Geschichten, die betroffen machen - und auch solche, die Mut und Freude auslösen können.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Herzlichst Ihr
Thomas Osterkorn