Liebe Frau Peirano,
ich schreibe ihnen, weil ich ein wenig verzweifelt bin. Seit einem Jahr bin ich mit meinem Freund zusammen. Er ist geschieden und hat ein Kind aus dieser Beziehung.
Wir lernten uns auf der Arbeit kennen und lieben als er noch verheiratet war. Wir hatten, und ich bin nicht stolz darauf, eine Affäre. Letztendlich trennte er sich von seiner Frau, um mit mir zu sein. Ich konnte mein Glück kaum fassen als er diesen Schritt ging.
Wir hatten einen holprigen Anfang, da Scheidung und Trennung vom Kind doch eine große Veränderung waren. Wir waren aber beide stark und haben es gemeinsam durchgestanden.
Nun komme ich zum eigentlichen Problem. Da sein Kind noch sehr jung ist (Dreieinhalb Jahre), muss er leider regelmäßig Kontakt mit seiner Ex-Frau haben. Und genau damit komme ich nur schlecht zurecht. Sie ist quasi immer präsent. Nicht physisch aber eben per SMS und Anruf. Kaum ein Tag vergeht, an dem Sie nicht anruft oder schreibt. Und jedes zweite WE bringt er seine Tochter zu ihr zurück. Mich stört es einfach ungemein, dass sie ständig präsent ist, und immer wenn sein Handy klingelt zucke ich genervt zusammen. Er sagt, er hat keine Probleme mit ihren SMS oder Anrufen (diese sind eigentlich immer nur wegen der Tochter). Und genau das macht mich noch viel mehr eifersüchtig und genervt.
Ich fühle mich nicht verstanden und ich fühle als wäre ich die einzige Frau die so ein Problem damit hat. Ich kenne leider niemanden in einer ähnlichen Situation mit dem ich darüber reden könnte.
Ich glaube nicht, dass ich eifersüchtig bin weil ich vermute, dass die beiden wieder zusammenfinden könnten. Dass kann ich eigentlich ausschließen. Ich glaube, es ist einfach die ständige Präsent und wahrscheinlich dass ich nicht möchte, dass er Spaß dabei hat mir ihr ständig in Kontakt zu sein.
Mittlerweile sind wir an einem Punkt an dem er sagt, dass ich einfach in mich hineingehen soll und mich fragen soll, ob ich wirklich damit klarkommen kann, dass er so oft mit ihr reden muss. Andernfalls wird unsere Beziehung scheitern.
Ich kann ihn gut verstehen, aber ich glaube auch, dass er wirklich nicht fast täglich Kontakt haben muss.
Ich weiss nicht, was ich tun soll oder wie ich über diese Gefühle ändern kann. Ich wäre über einen Ratschlag wirklich sehr dankbar.
Viele Grüße
Marion S.
Liebe Marion S.,
Sie kennen zwar niemanden, dem es so geht wie Ihnen, aber Sie sind mit Ihren Gefühlen wirklich nicht alleine. Viele neue Partner sind eifersüchtig auf die alte Beziehung, und gerade wenn es mit einer Affäre begonnen hat und Ihr Partner somit keine wirkliche Zeit hatte, die Trennung zu verarbeiten, kann es erschwert werden.
Eines ist aber klar: Ihr Partner wird noch viele Jahre Kontakt zu seiner Ex-Frau haben, da die beiden ein gemeinsames Kind haben das noch sehr jung ist. Sie werden als Eltern über Unterhalt, Ernährung, Fernsehzeiten, Arztbesuche, Schulnoten, Geburtstagsgeschenke und noch vieles mehr beratschlagen. Der gute Kontakt der Eltern ist für die Tochter enorm wichtig, und für die Eltern auch das beste, was ihnen unter diesen Umständen passieren kann. Wenn die beiden sich als getrennte Eltern dauernd bekämpfen und streiten würden, wäre das auch für Ihre neue Beziehung sehr belastend, und die Ex-Frau wäre auch immer präsent, oder sogar noch präsenter als jetzt.
Meine Frage an Sie ist nun, ob Sie damit leben können, dass die beiden bis zum 18. Geburstag der Tochter oder vielleicht noch weit darüber hinaus Kontakt auf der Elternebene haben werden?
Ich schreibe bewusst: Auf der Elternebene. Es könnte auch noch eine freundschaftliche oder sogar zärtliche Ebene eines getrennten Paares geben. Das wäre dann der Fall, wenn die beiden Partner sich intensiv über private Themen austauschen, etwas gemeinsam unternehmen (ohne das Kind) oder auch sonst noch aneinander "hängen". Bei Ihrer Schilderng bin ich mir noch nicht ganz im Klaren, ob diese Ebene zwischen Ihrem Partner und seiner Ex-Frau neben der Elternebene berührt wird. Sie sagen einerseits, dass der Kontakt der beiden sich hauptsächlich um das Kind dreht und dass Sie sicher sind, dass die beiden nicht wieder zusammen kommen. Auf der anderen Seite schreiben Sie, dass Ihr Partner Spaß dabei hat, ständig mit seiner Ex-Frau in Kontakt zu sein. In jedem Fall kommt es hier auf die Zwischentöne an: Gibt Ihr Partner Ihnen das Gefühl, dass er sich wirklich für Sie entschieden hat? Zeigt er Ihnen, dass er sich in seinen zärtlichen und freundschaftlichen Gefühlen von seiner Ex-Frau abgegrenzt hat- oder spüren Sie, dass da noch "mehr" ist, und sei es nur unterschwellig? Es kann gut sein, dass Ihr Partner Schuldgefühle gegenüber seiner Ex-Partnerin hat, weil er sie betrogen und verlassen hat. Möglicherweise legt er auch deshalb hohen Wert darauf, zu seiner Ex-Partnerin freundlich zu sein und ständig auf ihre Anrufe zu reagieren.
Was können Sie in dieser Situation tun? In vielen Fällen entspannt es die Situation, wenn die neue Partnerin und die Mutter der Kinder sich kennen lernen.Das wird aber in Ihrem Fall wahrscheinlich sehr schwer bis unmöglich sein, weil Sie in die Beziehung der beiden eingedrungen sind. Ich gehe davon aus, dass die Ex-Frau auf Sie nicht gut zu sprechen ist, was dazu beiträgt, dass die Fronten sich weiter verhärten. Insofern fällt diese Möglichkeit aus.
Sehr gut wäre es, wenn Sie sich mit Frauen austauschen könnten, die in einer ähnlichen Situation leben- am Besten wäre es, wenn Sie Frauen finden, die gut damit klar kommen.
Um für sich weiter zu kommen, rate ich Ihnen, sich den Kontakt Ihres Freundes und seiner Ex-Frau in den kommenden Wochen genau anzuschauen, wenn möglich mit etwas Abstand. Sind die beiden inhaltlich und auch vom Tonfall auf der Elternebene? Oder schwingt da etwas anderes mit? Und dann ist es wichtig, dass Sie Ihre eigenen Gefühle genau beobachten und versuchen, mit Ihrem neuen Partner darüber zu sprechen, was Sie stört und wovor Sie Angst haben.
Mit freundlichen Grüßen
Julia Peirano
Liebe Leser und Leserinnen,
ich bin sehr an einem offenen Austausch auf diesem Forum interessiert und freue ich, wenn Sie eigene Erfahrungen und Meinungen preisgeben. Bitte seien Sie dabei stets respektvoll und konstruktiv, sowohl mit der oder dem Ratsuchenden, anderen Lesern und auch mir.
Und noch etwas: Der Name, den Sie als Kommentator eingeben, erscheint auch im Beitrag. Bitte achten Sie darauf, damit Sie anonym bleiben können.
Herzliche Grüße
Julia Peirano