Der geheime Code der Liebe Ich komme nicht von meiner instabilen Freundin los

Liebe Frau Peirano,

es schreibt Ihnen ein Mann, der mehr als ratlos ist.

Zu meiner Geschichte:
Ich lernte meine Freundin und spätere Verlobte auf einer Feier kennen. Wir waren uns sofort sympathisch. Ich entsprach ihrem Typ Mann. Ich war sofort in sie verliebt. Unsere ersten Gespräche waren sehr ernst – wir sprachen über ihre Probleme aus der Kindheit – über ihr gestörtes Verhältnis zu ihren Eltern. Sie fragte mich, ob ich Kinder und eines Tages heiraten wolle. Ich bejahte. Es war ein holpriger Start – aber sie vertraute mir alles an.

Wir beschlossen zusammen zu sein. Schon zu Beginn unserer Beziehung war mir aufgefallen, dass sie immer sehr viel Zeit für sich benötigte. Ich hinterfragte es damals nicht wirklich. Ich dachte mir, sie hat sicherlich viel zu tun. Aber mit der Zeit waren es immer die gleichen Mechanismen. Ich gebe zu, dass ich manchmal sehr enttäuscht war. Ich war traurig, da ich mit meiner Partnerin fast nie ein richtiges Wochenende verbringen konnte. Immer kamen Dinge dazwischen, die man auch verschieben könnte. Auch die Intimität war ungewohnt. Es war alles sehr zögerlich. Nicht wirklich romantisch. Es begann die Zeit, in der ich mir große Vorwürfe machte.

Ich bin sehr hingebungsvoll und liebte meine Freundin sehr. Nach dem ersten Jahr folgte eine plötzliche Trennung von heute auf morgen. Es folgten merkwürdige Vorwürfe: ich sei nicht handwerklich begabt, habe keine gesicherte Zukunft, usw. Dabei habe ich mein Leben ganz normal im Griff - habe einen Job, ein kleines Reihenhäuschen und bin mit mir selbst im Reinen. Trotzdem machte ich mir immer mehr Selbstvorwürfe – dachte wirklich ich sei Schuld an allem. Dabei wollte ich nur mit ihr glücklich sein. Ich versuchte sie zu beindrucken, ihr zu imponieren. Nichts half. Nach jeder Trennung sagte sie mir, dass ich der liebste Mensch auf der Welt sei usw. Manchmal trennte sie sich und am gleichen Tag rief sie mich an, um mir zu sagen, dass ich doch der Mann ihres Lebens sei. Ich war schon komplett verwirrt.

Was nach einer Trennung folgte, waren totale Kontaktsperren. Ich konnte sie weder über Telefon noch per Email erreichen. Sie war wie vom Erdboden verschwunden. Es geschah immer urplötzlich. Einfach so. Zack und weg. Die Art und Weise kam mir immer sehr "spanisch" vor. Ich lief ihr leider immer und immer wieder hinterher, suchte die Möglichkeit mit ihr zu sprechen, alles zu klären. Am Ende folgte immer eine Art Versöhnung. Ich klammerte und suchte mehr Nähe.

Diese abrupten Trennungsmuster vollzogen sich ganze dreimal in drei Jahren. Im zweiten Jahr hielt ich sogar um ihre Hand an. Sie sagte Ja. Wir waren verlobt. Es war schon alles merkwürdig. Wir feierten nie wirklich gemeinsam Weihnachten. Sie redete immer wieder davon, dass sie mal vier Wochen nur für sich benötigte. Ich kam ihr sogar entgegen und dachte mir, vielleicht benötigt sie es wirklich. Ich versuchte wirklich mehr Verständnis aufzubringen.

Der nächste Schritt war die gemeinsame Wohnung. Sie sagte mir, sie wolle gerne mit mir leben. Aber immer kamen Dinge dazwischen. Am Ende ergriff ich die Initiative und sagte ihr, dass wir die Sache jetzt angehen sollten. Machte einen Plan, wollte es zeitlich etwas organisieren. Ein fataler Fehler. Sie machte wieder zu. Nahm sich wieder vier Wochen für sich mit anschließendem Urlaub im Ausland.

Ich trennte mich schlussendlich – nach vier Jahren. Ich sagte ihr, dass ich diese On-Off Phasen nicht mehr wollte. Trotzdem lief ich ihr hinterher. Ich merkte, dass ich abhängig geworden bin, schließlich liebe ich ja diese Frau. Es war mir damals nicht möglich mit ihr persönlich darüber zu sprechen. Sie sagte, sie habe keine Kraft, um um mich zu kämpfen. Ich war am Boden zerstört.

Jetzt sind ca. drei Wochen seit ihrer Rückkehr aus dem Urlaub vergangen. Wir trafen uns noch einmal. Küssten uns leider wieder. Auf die Frage wann wir uns wiedersehen, folgte ein plumpes „das entscheiden wir spontan, ich habe noch viel um die Ohren“. Es vergingen drei Wochen. Manchmal suchte sie wieder den Kontakt per SMS.

Ich habe mein Leben wieder selbst gestaltet. Mache viel Sport, treffe mich mit Freunden usw. Die Zeit vergeht.
Ich weiß nicht wie ich mich verhalten soll. Ich kontaktiere sie nicht. Aber was tun, wenn sie wieder Nähe sucht. Sie ignorieren? – Es klingt utopisch, aber kann ich mir Hoffnungen machen?

Mein Freundeskreis sagt, ich solle mich von ihr lösen.

Was denken Sie Frau Peirano?

Liebe Grüße

Daniel

Lieber Daniel,

das, was Sie von Ihrer Beziehung erzählen, klingt sehr zermürbend und frustrierend. So wie Sie es schildern, war es Ihre Aufgabe, Nähe und Beständigkeit zu erkämpfen, während Ihre Freundin sich immer wieder teilweise oder auch ganz entzogen hat. Ihre ständig wechselnden Aussagen von "ich liebe Dich, du bist der Mann meines Lebens" bis hin zu abrupter Trennung ohne erklärbaren Grund sprechen bei ihr für eine massive Bindungsstörung. Das scheint sie sehr zu beeinträchtigen, denn sie hat schon am ersten Abend von der problematischen Beziehung zu ihren Eltern gesprochen - eigentlich ein unpassendes Thema für ein erstes Gespräch.

Mich interessiert aber vor allem, warum Sie sich unter Millionen von Frauen eine ausgesucht haben, die Ihnen keine Beständigkeit und Geborgenheit geben kann. Sie haben ja schon früh gemerkt, dass das erste Gespräch "holprig" lief, dass der Sex angespannt war, dass es immer wieder kalte Duschen von Ihrer Freundin gab. Und später merkten Sie, wie der Hase läuft: Dass Ihre Freundin nicht Ja und nicht Nein zu Ihnen sagen kann, sondern immer wieder Jein. Dass Sie sich öfters trennt, ohne für Sie ersichtlichen Grund. Sie haben sich - verständlicherweise- hilflos und entwertet gefühlt.
Was hat Sie dazu gebracht, weiter zu kämpfen, trotz aller Verletzungen und Demütigungen? Das finde ich alles andere als selbstverständlich.
Denn eines ist klar: Zum Tango braucht man zwei. Und wenn Sie sich eine abweisende, instabile Frau herauspicken (und nicht eine herzliche, verlässliche), dann spricht das dafür, dass auch Sie Bindungsängste haben. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie den Kampf um Nähe und die Bröckchen und Tröpfchen von Nähe besser ertragen können als eine konstante, verlässliche Nähe. Und ich glaube, dass es Sie wirklich weiter bringt, wenn Sie sich Ihre Motive und Anteile genauer anschauen, vor allem auch die Beziehung zu Ihrer Mutter oder anderen frühen Bezugspersonen.
Erkennen Sie hier Parallelen? Mussten Sie auch um die Liebe Ihrer Mutter kämpfen? Haben Sie in vergangenen Partnerschaften ähnliches erlebt? Und wenn nicht: Wie ging es Ihnen, wenn Ihre Partnerin konstant war? Wie war es, wenn eine Partnerin auch mal mehr Nähe wollte oder forderte als Sie? Ich denke, dass Sie nur von Ihrer (Ex)-Freundin loskommen, wenn Sie sich mit Ihrer Vergangenheit beschäftigen, am besten mit einer kompetenten Psychotherapeutin.

Und zu Ihrer Frage, wie Sie sich gegenüber Ihrer (Ex)-Freundin verhalten sollen, halte ich es wie Ihre Freunde. Ich denke auch, dass eine totale Funkstille heilsam für Sie wäre. Natürlich könnten Sie noch viele Runden auf dem Karussell drehen, aber Sie wissen ja auch, dass Sie nicht voran kommen und Ihnen hinterher schwindelig ist. Deshalb rate ich Ihnen, auszusteigen. Verhängen Sie ihr ein Kontaktverbot. Denn eines ist klar: Diese Beziehung wird niemals eine gute Wendung nehmen.

Herzliche Grüße
Julia Peirano

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Herzliche Grüße
Julia Peirano

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