Der geheime Code der Liebe Wie oft muss ich Lust auf Sex haben?

Sie ist erst 23 und hat keine Lust mehr auf Sex. Darunter leidet nicht nur Nina S., sondern besonders auch ihr Freund. Natürlich hat Julia Peirano einen Rat, wie das Paar damit umgehen kann.

Hallo Frau Peirano,

ich (23) bin seit mittlerweile acht Jahren mit meinem Freund zusammen. Im Großen und Ganzen läuft bei uns alles super, wir verstehen und gut, haben gleiche Interessen und viele gemeinsame Freunde.
Das einzige Problem in unserer Beziehung ist der Sex. Aktuell haben wir so einmal die Woche (oft auch seltener) sexuellen Kontakt. Für mich ist das so, wie es ist, vollkommen in Ordnung, aber mein Freund leidet sehr darunter, dass wir nicht häufiger Sex haben. Dazu muss ich sagen, dass ich für mehr als sechs Jahre unter Vulvodynie gelitten habe und erst eine OP Anfang dieses Jahres Besserung gebracht hat, sodass ich überhaupt wieder schmerzfreien Sex haben kann.
Mein Freund war in der ganzen Zeit für mich da und hatte aber natürlich die Hoffnung, dass nach der OP alles besser wird und wir wieder häufig Sex haben (so wie es vor der Erkrankung war). Da das nicht eingetroffen ist, ist er immer öfter sehr frustriert, traurig und wütend. Ich habe aber einfach nicht mehr Lust auf Sex. Nicht nur nicht auf meinen Partner, sondern generell nicht. Ich empfinde das als sehr belastend, denn zum einen verletze ich meinen Partner mit meiner „Abwehrhaltung“ und zum anderen bin ich ja erst 23. Da sollte das doch einfach nicht so sein. Ich frage mich jetzt, was kann ich tun, damit ich wieder mehr Lust und Interesse an Sex bekomme und was können wir als Paar tun, dass diese Probleme unsere Beziehung nicht zerstören?

Viele Grüße
Nina S.

Liebe Nina S.,

ich lese aus Ihrem Bericht, dass Sie sich große sich große Sorgen machen, weil Sie angeblich zu wenig Lust haben. Ich denke, dass genau darin Ihr Problem besteht - oder dass Ihr Problem durch Ihre Sorgen zumindest verstärkt wird.
Denn in dem Moment, wo man das Gefühl hat, etwas tun zu müssen und bei dem, was man tut, nicht gut genug zu sein, bekommt man Angst und Druckgefühle. Man wird also angespannt und eng - und dann verliert man die Freude an der Sache. Das ist völlig natürlich.

Stellen Sie sich vor, Sie suchen ein Geschenk für eine Freundin aus - und geben sich Mühe dabei, etwas Gutes für sie zu finden. Sie überreichen ihr das Geschenk, und nachdem sie es geöffnet hat, schaut ihre Freundin Sie enttäuscht an und sagt: "Nur so ein kleines Geschenk? Ich bin etwas traurig, denn ich hatte gehofft, dass Du mir viel mehr schenkst." Wie würden Sie sich fühlen? Und hätten Sie Lust, loszugehen und Ihrer Freundin noch ein weiteres Geschenk zu besorgen?
Ich möchte an dieser Stelle klar betonen, dass ich die Wünsche Ihres Freundes nach mehr Sexualität auch verstehen kann. Das ist völlig okay. Das Problem ist nur, dass Sie beide unterschiedlich oft Lust haben. Das kommt übrigens bei vielen Paaren vor.
Ich habe allerdings das Gefühl, dass Sie beide sich geeinigt haben, dass mit Ihnen etwas nicht in Ordnung ist, da Sie zu wenig wollen. Das macht Sie zum Problem, und diese Sichtweise hilft Ihnen beiden nicht weiter. Ich würde deshalb vorschlagen, dass Sie beide es so sehen, wie es ist: Sie wollen weniger als Ihr Freund, das ist okay, und Ihr Freund will mehr als Sie, und das ist auch okay.
Versuchen Sie beide am Besten, so etwas wie Durchschnittswerte oder Zahlen, was ein "normaler Mensch" oder ein "normales Paar" im Bett macht oder nicht macht, beiseite zu schieben. Achten Sie lieber auf die Qualität Ihrer Begegnungen und versuchen Sie, hier gemeinsam Spaß zu haben und sich ohne Leistungsdruck zu begegnen.
Fragen Sie sich doch einmal ganz in Ruhe, wie genau Sie Sex eigentlich mögen. Schreiben Sie ein Drehbuch für den idealen Sex- aus Ihrer Sicht, und zwar schon für die Zeit Stunden vorher (wie begegnen Sie sich), kurz vorher (wie beginnt es, wer ergreift wie die Initiative), währenddessen und auch danach. Schreiben Sie auf, was Sie besonders gerne mögen. Zum Beispiel: Ich mag gerne langsam und sanft am Rücken gestreichelt werden (mit einem Tuch, mit einer Feder, mit der Hand), ich mag gerne stundenlang küssen, ich mag gerne zusammen ein Vollbad nehmen usw. Es wäre auch gut, wenn Sie sich bewusst machen, was Sie überhaupt nicht mögen, gerade nachdem Sie viele Jahre Schmerzen im Intimbereich hatten. Viele Menschen mögen nicht berührt werden, wenn sie gestresst sind. Einige mögen an bestimmten Körperteilen nicht berührt werden. Einige bevorzugen es, wenn es plötzlich zum Sex kommt, andere mögen lieber vorher duschen und sich darauf einstimmen.

Sprechen Sie doch mit Ihrem Partner darüber, wie genau Sie es mögen und wie er es mag! Vielleicht können Sie die Drehbücher dann auch einmal nachspielen?
Aber wichtig wäre es, dass Sie dabei nur darauf achten, dass Sie guten Kontakt haben und sich beim Sex begegnen- und nicht Buch darüber führen, wie oft Sie Sex haben. Dann entspannen Sie sich, und das ändert schon wieder ganz viel.

Herzliche Grüße
Julia Peirano

Liebe Leserinnen und Leser,

bitte schreiben Sie weiterhin von Ihren eigenen Erfahrungen und teilen Sie die Gefühle, die Sie beim Lesen der Fragestellung haben, mit uns. Doch bitte denken Sie daran: Die Ratsuchende gibt Intimes von sich preis und braucht einen geschützten Raum, also Respekt. Auch wenn Sie anderer Meinung sind, bleiben Sie bitte stets konstruktiv. Oder deutlicher gesagt: Entwertende Kommentare sind in diesem geschützten Raum nicht zulässig und werden nicht veröffentlicht.
Herzliche Grüße
Julia Peirano

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