Warum sollte es in diesem Jahr anders sein als sonst? Weihnachten steht wieder viel zu früh vor der Tür. Da Bücher bei Kindern immer eine gute Geschenkidee sind, stellen wir eine sehr vielfältige Liste von Titeln vor, die von Ende 2023 bis jetzt erschienen sind. Da könnte durchaus etwas dabei sein!

Emils Zimmer ist gut gefüllt mit Büchern und Spielzeug, doch er sitzt auf dem Bett und weiß nichts mit sich anzufangen. Dann klopft es plötzlich an seinem Fenster und draußen steht eines der wohl merkwürdigsten Tiere, die man je gesehen hat: die lange Weile. Als Emil das Fenster öffnet, schlängelt sie sich hinein und die beiden kommen ins Gespräch. Na ja, nicht so wirklich, denn das komische Wesen ist wortkarg, unfreundlich und in keiner Weise bereit, Geschichten zu erzählen oder vorzulesen. Dann passiert etwas Eigenartiges, der Junge entdeckt in seinem Zimmer lauter Dinge, die die lange Weile inspirieren könnten und beginnt, ihr eine Fantasiewelt zu bauen. Davon will die lange Weile nichts wissen und wird plötzlich immer kleiner. Selbst Erwachsene kennen das: Ist das Gegenüber grummelig und wortkarg, fängt man an, etwas möglichst Interessantes zu erzählen. Der Trick des Autors, der Langeweile eine Gestalt zu geben, wirkt absolut überzeugend!

Die Reime von Nadia Budde begleiten Kinder bereits seit Ende der 1990er-Jahre und wer sie gelesen hat, erkennt ihre "Handschrift" auch bei jedem neuen Buch auf den ersten Blick. Dieses Jahr schickt Budde schräge Gestalten ins Rennen, die plötzlich mit einem Kleinbus auftauchen und anfangen, ihre Koffer auszupacken. Wer ist das bloß?, fragt man sich im Ort. Als dann Musik ertönt, gibt es keinen Zweifel mehr: Das ist eine Band! Eben waren die Bewohner noch misstrauisch, nun machen sie sich sofort auf den Weg: Heute Nacht wird getanzt – und zwar bis zum Umfallen! Die gut gelaunten Illustrationen und gereimten Texte sind ein großes Vergnügen!

Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2024, Kategorie Bilderbuch
Ein sehr feinsinniges Märchen hat die koreanische Künstlerin Baek He Na gezeichnet und geschrieben – und das zu einem sehr aktuellen Thema: Stromausfall. In einer heißen Nacht überlasten Klimaanlagen und Ventilatoren das Netz und plötzlich wird es überall dunkel. Nur aus einer Wohnung scheint noch ein Licht, bei Oma Holle. Wie die alte Dame es geschafft hat, Licht in die Nacht zu bringen und auch noch alle Hausbewohner damit zu versorgen, wird hier natürlich nicht verraten, nur so viel: Die gesamte Gemeinschaft muss auch dem Mann im Mond noch helfen! Mit diesem Gute-Nacht-Buch hat die Preisträgerin des Astrid Lindgren Memorial Awards 2020 die Welt der Märchen um ein weiteres bereichert.

Mit wenigen Farben kommt Antje Damm in ihrer Erzählung über das sehr kleine Nori aus. In Schattenrisstechnik führt sie Vorlesende und Betrachter zunächst unter die Erde, wo Nori in einer kleinen Höhle lebt. Als plötzlich ein Kind erscheint und das Nori in die Menschenwelt mitnimmt, bekommt es das kleine Wesen mit der Angst zu tun: Hier will es nicht bleiben! Das Kind erkennt, dass es etwas falsch gemacht hat und findet die einzig richtige Lösung. Die schlichte Optik verstärkt die lehrreiche Geschichte darüber, dass es wichtig ist, nicht alles mitzumachen, was andere für eine gute Idee halten.

Ein Buch mit Rätselreimen gestaltete Stefanie Duckstein. Hier kann man in 12 Tieranekdoten raten, welches Wort wohl an das Ende einer jeden Episode gehört. Erst auf der folgenden Ausklappseite wird das Geheimnis gelüftet. Die quirligen Geschichten, die durch die halbe Tierwelt führen, spielen mit den Fähigkeiten ihrer jeweiligen Helden, und manchmal ist die Lösung gar nicht so einfach. Da bietet es sich an, die Geschichten nicht nur einmal vorzulesen! Auch weil die Dinge, die diese Tiere veranstalten, so schön absurd sind, lohnt sich die Lektüre. Auf den Umschlagseiten hilft eine kindgerechte Weltkarte dabei herauszufinden, wo welches dieser Tiere eigentlich lebt.

Der ganze Wald ist voller Tiere, die den Flügel des Bären umlagern und chillen, denn er spielt so schön Klavier. Irgendwann werden seine Finger müde und er möchte es sich auch gemütlich machen, doch seine Zuhörer fordern immer lauter: "Mehr, mehr, Pianobär!" Da platzt dem Bären der Kragen und er brüllt ganz laut, um sich zu wehren. Er kann einfach nicht mehr. Die Tiere suchen beleidigt das Weite, nur das freundliche Zebra bleibt – und das ist eine gute Idee. Das niederländische Original dieses anrührenden und wunderschön gezeichneten Bandes wurde nach seiner Übersetzung für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2024 nominiert – völlig zu Recht.

Dieses Buch ist ziemlich irre! Ein Kind geht auf eine Wiese, um in Ruhe zu lesen. Es entdeckt zwei blaue Kröten, eine davon strickt. Und dann fangen die beiden auch noch an, sich zu unterhalten. Und zu streiten – bis eine von ihnen etwas erzählt, das noch verrückter ist als der ganze Anfang. In der Krötengeschichte findet eine Verwandlung statt, werden Freundschaften geschlossen, wird eine Reise unternommen, die natürlich ein großes Abenteuer ist, und eine kluge Eselin wird vorgestellt, die für alles eine Erklärung hat (ohne dabei zu nerven). Beim Ende überrascht, dass wir von dieser Geschichte in der Geschichte in der Geschichte überhaupt je erfahren haben. Großzügige Seiten, ein cooler Zeichenstil und ungewöhnliche Verstrickungen machen dieses Buch zu einem optischen und inhaltlichen Vergnügen.

Die ausführliche Zusammenkunft von Vögeln beruht auf einem 800 Jahre alten persischen Märchen, das von Unsicherheit, Zusammenhalt und Mut erzählt. Berichtet wird sie von einem Wiedehopf. Die artenreiche Schar der Vögel wünscht sich einen König, jemanden, der auf alle Fragen eine Antwort hat. Es beginnt eine Suche, bei der die Stärken und Schwächen der unterschiedlich großen, unterschiedlich gefiederten und unterschiedlich abenteuerlustigen Vogelarten deutlich werden. Wie der König gefunden wird, kann sich kaum jemand vorstellen, der das Märchen nicht bereits kennt. Diese "Konferenz" ist Sechsjährigen durchaus zuzumuten, weil Märchen eben für Jung und Alt funktionieren. Tolle Zeichnungen und ein gut verständlicher Text sorgen für den Zugang zu einer alten und auch heute noch wichtigen Parabel.

Drei Kindheitserinnerungen erzählt und illustriert Daniela Kulot in "Es geschah auch kein Unfug", einem Buch aus der Klett-Reihe "Wir Kinder von früher". Da die Abenteuer so schön nach Heile-Welt-Erlebnissen klingen und aussehen, verführen sie beim Vorlesen dazu, in Erinnerungen abzutauchen und zwischendurch Schwänke aus der eigenen Kindheit einzustreuen. Wenn das von den kleinen Zuhörern jedoch nicht gewünscht ist, kann man sie natürlich auch im Anschluss erzählen. Ein liebevolles und lustiges Buch, von dem auch Erwachsene wissen möchten, wie die Geschichten ausgehen – manche hätten durchaus auch aus ihrem eigenen Leben kommen können.
Kinderbücher zum Selberlesen

Was hat das zu bedeuten, wenn man plötzlich den Tod sieht? In diesem großartigen Buch nur eins: Der Tod hat Langeweile und fürchtet, in Vergessenheit zu geraten. Er gibt sich daher für Lukas zu erkennen und sucht ihn immer wieder mal auf. Aus dem gelegentlichen Erscheinen entwickelt sich eine Freundschaft, die nach Jahren an Verlässlichkeit gewinnt. (Anfangs poppt der Tod einfach auf und verschwindet, ohne Tschüs zu sagen.) Als ein alter Mann stirbt, Lukas' bester Freund, glaubt der Junge an ein Verbrechen. Die beiden versuchen, dem Fall auf die Spur zu kommen und gründen die "Ich und Tod Detektei". Dieser großartige Comic schreit nach einer Fortsetzung und eignet sich absolut auch für erwachsene Comic-Fans. Bitte mehr davon!

Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 stellt sich für viele junge Menschen die Frage, warum Israel und Palästina keinen Weg finden, miteinander auszukommen. Aus den Perspektiven von jugendlichen Freunden, das eine Paar von 1947, das andere aus der Gegenwart, bringen die fiktiven Protagonisten das Problem auf den Punkt. "Solange sich alle daran klammern, wer jetzt Araber oder Jude ist, schaffen wir hier keinen Frieden. Und die Religion muss auch noch aus den Köpfen." "Träum weiter." Diese Sätze fallen zwischen Tessa und Mo bereits 1948 – und sie gelten heute noch, wie das Leben von Anat und Karim zeigt. Wie soll man als deutscher Teenager den Nahostkonflikt verstehen? Selbst viele Erwachsene wissen kaum, wessen Partei sie ergreifen sollen. Der erste Jugendroman von Anja Reumschüssel gibt einen Einblick in die schwierige Situation.

"Musik angucken", klingt langweilig, "Mukkekukke" trifft den Inhalt dieses Buches deutlich lässiger. Sowohl die ausgewählten Komponisten, Interpreten und Stücke als auch die Herausgeberinnen, beide Autorinnen und Illustratorinnen, haben längst einen erstklassigen Ruf, manche gar einen Weltruf. Von Beethoven (!) über Max Raabe und Manfred Krug bis hin zu Erobique wird hier Musik von unterschiedlichen Comicstrips begleitet und interpretiert – teils wortwörtlich, teils ganz frei. Zu den Zeichnenden gehören unter anderem Nadia Budde, Philipp Waechter, Mawil, Tanja Esch und natürlich auch die Herausgeberinnen. Zur Mukke gibt es eine Spotify-Liste und mit dem Buch in der Hand wird das zu einer runden Sache. Musik in Comics abzubilden, schafft eine weitere Dimension. In diesem musikalisch Jahrhunderte umfassenden Fall verbindet das Generationen.
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