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Lehrerin schickt Brandbrief an Eltern "Ich komme mir vor wie ein Schweinetreiber"

Ein Brandbrief einer Hamburger Grundschullehrerin sorgt für Furore: Auf fünf Seiten listet sie Respektlosigkeiten und Aggressionen ihrer Schüler auf. Ihr Fazit: "Ich schäme mich für Ihre Kinder."
Von Daniel Bakir

Kein Respekt und keine Manieren, dafür reichlich Aggressionen und Fäkalsprache: So beschreibt die Lehrerin einer Grundschule am Hamburger Stadtrand ihre Schüler in einem vorweihnachtlichen Brandbrief an die Eltern. Auf fünf Seiten lässt sie ihrem Frust über das Verhalten der ihr anvertrauten Erstklässler freien Lauf. Und weil die "Hamburger Morgenpost" am Donnerstag ausführliche Auszüge aus dem Brief veröffentlichte, ist die erste Klasse der Grundschule Neuland Stadtgespräch.

Auslöser für den Ausbruch der 46-jährigen Lehrerin war ein Ausflug in die Kunsthalle, bei der sich die lieben Kleinen ordentlich daneben benommen haben sollen. "Ich habe mich geschämt", schreibt die Klassenlehrerin laut "Mopo". Sie berichtet von einer Klopperei beim gemeinsamen Malen, von Fäkalsprache gegenüber der Museums-Führerin, von Rülpswettbewerben in der Bahn. "Ich komme mir vor wie ein Schweinetreiber", schreibt die Pädagogin.

Zumal sie ähnliches Verhalten ihrer Schüler schon seit Längerem beobachtet: "Kinder kommen bereits um 8 Uhr früh gut gefüllt mit einer Stunde Super RTL, gewalttätigen und blutrünstigen Gameboy-Spielen und einem beachtlichen Blutzuckerspiegel in die Schule", berichtet die Lehrerin. "Sie springen mit erhobenen Fäusten wie Ninjakämpfer in die Klasse, semmeln erstmal drei Mitschüler über den Haufen und merken es nicht einmal."

"Den Kindern fehlen die Basics"

Und weiter: "Sie denken: Die redet sicher von meinem Nachbarn? Falsch: Gehen Sie davon aus, dass ich auch von Ihrem Kind spreche - es gibt nur wenige Ausnahmen! Sie denken: Wie putzig, das ist ja auch Ihr Job? Falsch: Mein Job ist der, Ihre Kinder zum Lernen zu bewegen", schreibt die Lehrerin. "Nur fehlen den Kindern die Basics dafür!"

Schulleiter Frank Böttcher, der den Brief ebenfalls unterschrieben hat, gibt seiner Lehrerin Rückendeckung. Das Problem ist ihm zufolge nicht auf die Klasse von Dagmar Biesterfeldt begrenzt. Seit zwei, drei Jahren kippe die Stimmung in der idyllischen Dorfschule, erzählte Böttcher der "Mopo". Die Kinder würden Grenzen verbal und körperlich überschreiten.

Böttcher bestätigte stern.de die Existenz des Briefes, lehnte aber ein Statement ab. Der Brief und die Veröffentlichung hätten ein großes Echo ausgelöst, nun wolle er erst einmal in Ruhe mit den Eltern ins Gespräch kommen.

Geteiltes Echo

Bei den Eltern sorgte der Brief für ein geteiltes Echo: Schulleiter Böttcher berichtete der "Mopo" von positiven Reaktionen, die Zeitung zitiert aber auch eine empörte Mutter, die den Brief für respektlos hält. Die Klasse sei "bewegungsfreudig, aber keineswegs verhaltensauffällig". Auch das Echo im Netz fällt gespalten aus: Einige loben die Lehrerin dafür, die Probleme so offen anzusprechen, andere vermuten die Schuld eher bei der Lehrerin. Ihr Vorwurf: Sie habe die Klasse nicht im Griff.

Nun sind erstmal Weihnachtsferien, danach dürfte die schwierige Beziehung zwischen Lehrerin, Schülern und Eltern ihre Fortsetzung finden. "Ich bin fest entschlossen, mich an die Arbeit zu machen und aus dieser Klasse doch noch mitfühlende, aufmerksame, respektvolle und respektierte Kinder zu machen", schreibt die Lehrerin.

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